Metadata: [Band 4, [Schülerband]] (Band 4, [Schülerband])

cmcmcmcmcmcmcmcm IX. Deutsches Familienleben, ror^arorororororo 
Ihr um den Nacken die Arme geschmiegt, liebkoste die Tochter: 
„Mutter, ich duze dich auch wie die leibliche, die mich geboren; 
Also geschaht in der Bibel, da Herz und Zunge vereint war; 
Denn du gebarst und erzogst mir den wackeren Sohn Zacharias, 
2i5 Der an Wuchs und Gemüt, wie er sagt, nachartet dem Vater. 
Mütterchen, habe mich lieb; ich will auch artiges Kind sein! 
Fröhliches Herz und rotes Gesicht, das hab" ich beständig, 
Auch wenn der Ost nicht weht. Mein Väterchen sagte mir oftmals, 
Klopfend die Wang*, ich würde noch krank vor lauter Gesundheit.“ 
220 Jetzo sagte der Sohn, sein Weib darstellend der Mutter: 
„Mütterchen, nehmt sie auf Glauben! So zart und geschlank, wie sie 
dasteht, 
Ist sie mit Leib und Seele vom edelsten Kerne der Vor weit. 
Daß sie der Mutter nur nicht das Herz abschwatze des Vaters! 
Komm" denn und bring* als Gabe den zärtlichsten Kuß zum 
Geburtstag!“ 
225 Schalkhaft lächelte drob und sprach die treffliche Gattin: 
„Nicht zur Geburtstagsgabe! Was Besseres bring* ich im Koffer 
Unserm Vater zur Lust und dem Mütterchen, ohne dein Wissen!“ 
Sprach*s und faßte dem Manne die Hand; die führende Mutter 
Öffnete leise die Tür und ließ die Kinder hineingeh*n. 
23o Aber die junge Frau, voll Lieb’ im lächelnden Antlitz, 
Hüpfte voraus und küßte den Greis. Mit verwunderten Augen 
Sah er empor und hing in der trautesten Kinder Umarmung. 
Johann Heinrich Voss. 
72. Die goldene ßochzeif. 
1. Jetzt sind es fünfzig Jahre, 
Daß wir uns haben gefreit, 
Herrje, wie ist das lange, 
Ja lange, lange Zeit! 
2. Weißt noch, im roten Storchen, 
Da ging es lustig her, 
Da tanzten wir und tranken 
Gar manches Gläslein leer; 
3. Da ließen sie uns leben 
Und freudig stießen wir an — 
Nun sind es fünfzig Jahre, 
Wie doch die Zeit verrann! 
4. Und ist es noch so lange, 
Mich hass keine Stund* gereut, 
Und wär* ich jung wie damals, 
Ich nähm* dich wieder heut! 
5. Was drückst du mir, mein 
Weiblein. 
Die Hand so treu und fest? 
Nicht wahr, die Lieb* und Treue 
Sind doch das Allerbest*? 
6. Jawohl, die sind das Beste, 
Und treues Gottvertrau'n, 
Daß wir, was auch da komme, 
In Demut aufwärts fchau'n. 
CM 214 ro
	        
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