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Grimm: Sagen. Rücke rt: Der alte Barbarossa. Richter: Sagenschatz. 73 
2V. Der alte Barbarossa. 
Friedrich Rücke rt, geb. den 1 
Professor und Geh. Reg.-Ratb in Berlin 
Gute Neuseß 
1. Der alte Barbarossa, 
Der Kaiser Friederich, 
Im unterird'schen Schlosse 
Hält er verzaubert sich. 
2. Er ist niemals gestorben, 
Er lebt darin noch jetzt, 
Er hat im Schloß verborgen 
Zum Schlaf sich hingesetzt. 
3. Er hat hinabgenomrnen 
Des Reiches Herrlichkeit 
Und wird einst wiederkommen 
Mit ihr zu seiner Zeit. 
4. Der Stuhl ist elfenbeinern, 
Darauf der Kaiser sitzt; 
Der Tisch ist marmelsteinern, 
Worauf sein Haupt er stützt. 
6. Mai 1789 zu Schweinfurt; 
; gest. den 31. Januar 1866 auf seinem 
bei Ko bürg. 
5. Sein Bart ist nicht von Flachse, 
Er ist von Feuersglut, 
Ist durch den Tisch gewachsen, 
Worauf sein Kinn ausruht. 
6 Er nickt als wie im Traume, 
Sein Aug' halb offen zwinkt, 
Und je nach langem Raume 
Er einem Knaben winkt. 
7. Er spricht im Schlaf zum Knaben: 
..Geh hin vor's Schloß, o Zwerg, 
Und sieh, ob noch die Raben 
Herfliegen um den Berg! 
8. Und wenn die alten Raben 
Noch fliegen immerdar, 
So muß ich auch noch schlafen, 
Verzaubert hundert Jahr." 
b. Das Brautpaar von Tilleda. 
Richter, Deutscher Sagcnschotz. 
In Tilleda wohnte ein armer, frommer Tagelöhner. Seine Tochter 
war die Braut eines ebenso dürftigen wie redlichen Handwerkers. Schon 
waren die Gäste geladen; aber kein Mensch hatte daran gedacht, daß 
im ganzen Hause nur ein Topf, eine Schüssel und zwei Teller waren. 
„Was machen wir?" fragte einer den andern, aber keiner wußte Rath. 
Endlich sagte der Vater'halb im Scherze, halb im Ernste: „Ei, geht 
doch hinauf zum Kyffhäuser; vielleicht leiht euch die Prinzessin das 
Nöthige!" Gesagt, gethan; die Brautleute wanderten wirklich hinauf 
und treffen die Prinzessin wirklich vor der Oeffnung des Berges. Schüch¬ 
tern bringen sie ihr Anliegen vor; die Prinzessin lächelt' und winkt, 
ihnen zu folgen, was sie mit fröhlichem Herzen thun. Sie bekommen 
nun erst zu essen und zu trinken, und dann packt ihnen die Prinzessin 
einen großen Tischkorb voll Teller, Schüsseln, Löffel, Messer und Gabeln. 
Unter herzlichem Danke verspricht das Brautpaar morgen alles unver¬ 
sehrt zurückzuliefern und auch etwas Reisbrei und Hochzeitskuchen mit¬ 
zubringen. Sie eilen nun nach Tilleda zurück, so schwer ihnen auch der 
zugedeckte Tischkorb wird. Aber wie wird ihnen zu Muthe, als sie ein 
ganz anderes Dorf vor sich sehen? An der Stelle, wo ihres Vaters 
Aütte stehen mußte, stand ein großer Ackerhof; kein Nachbarhaus war 
ihnen mehr erkenntlich; kein Baum, kein Garten war wie sonst. Lauter 
fremde, unbekannte Menschen in ganz anderer Tracht umstanden das 
Brautpaar und betrachteten dasselbe ebenso verwundert, wie dieses ver¬ 
wundert um sich blickte. Trostlos setzten sie ihren Korb auf die Erde
	        
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