32. Reden Kaiser Wilhelms II.
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b) Mtter not ist uns eine starke deutsche Jlotte!
(Am 18. Oktober 1899 im Rathause der Freien Stadt Hamburg.)
Es gereicht Mir zur besondern Freude, an dem heutigen historischen
Gedenktage wieder in Ihrer Mitte weilen zu können. Ich fühle Mich gleich¬
sam erfrischt und neu gestärkt, so oft Ich von den Wogen des frisch sprudelnden
Lebens einer Hansastadt umspült werde.
Es ist ein feierlicher Akt, dem wir soeben beigewohnt/) als wir ein
neues Stück schwimmender Wehrkraft des Vaterlandes seinem Element über¬
geben konnten. Ein jeder, der ihn mitgemacht, wird wohl von dem Gedanken
durchdrungen gewesen sein, daß das stolze Schiff bald seinem Berufe über¬
geben werden könne; wir bedürfen seiner dringend, und bitter not ist uns
eine starke deutsche Flotte!
Sein Name erinnert uns an die erste glanzvolle Zeit des alten Reiches
und seines mächtigen Schirmherrn. Und auch in jene Zeit fällt der allererste
Anfang Hamburgs, wenn auch nur als Ausgangspunkt für die Missions¬
tätigkeit im Dienste des gewaltigen Kaisers. Jetzt ist unser Vaterland durch
Kaiser Wilhelm den Großen neu geeint und im Begriff, sich nach außen hin
herrlich zu entfalten. Und gerade hier inmitten dieses mächtigen Handels¬
emporiums empfindet man die Fülle und Spannkraft, welche das deutsche Volk
durch seine Geschlossenheit seinen Unternehmungen zu verleihen imstande ist.
Aber hier weiß man es auch am höchsten zu schätzen, wie notwendig ein
kräftiger Schutz und die unentbehrliche Stärkung unsrer Seestreitkräfte für
unsre auswärtigen Interessen sind.
Doch langsam nur greift das Gefühl hierfür im deutschen Vaterlande
Platz, das leider noch zu sehr seine Kräfte in fruchtlosen Parteiungen ver¬
zehrt. Mit tiefer Besorgnis habe Ich beobachten müssen, wie langsame Fort¬
schritte das Interesse und politische Verständnis für große, weltbewegende
Fragen unter den Deutschen gemacht hat.
Blicken wir um uns her, wie hat seit einigen Jahren die Welt ihr
Antlitz verändert. Alte Weltreiche vergehen, und neue sind im Entstehn
begriffen. Nationen sind plötzlich im Gesichtskreis der Völker erschienen und
treten in ihren Wettbewerb mit ein, von denen kurz zuvor der Laie noch
wenig bemerkt hatte. Ereignisse, welche umwälzend wirken auf dem Ge¬
biete internationaler Beziehungen sowohl wie auf dem Gebiete des national¬
ökonomischen Lebens der Völker, und die in alten Zeiten Jahrhunderte zum
Reifen brauchten, vollziehen sich heutzutage in wenigen Monden.
1) Taufe des Linienschiffes „Kaiser Karl d. Gr."
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