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der Arbeit, und ein fröhliches Gemüt mußte der inneren Stimmung
Ausdruck verleihen. Daß dies Lied bei der Beschäftigung unseres
Volkes immer mehr schwindet, erhöht seine Arbeitsfreude wahrlich nicht.
Wo es noch herrscht, da lebt auch noch die alte Heiterkeit und Zufrieden—
heit; wo es dagegen vergessen ist, da ziehen Unzufriedenheit und Unlust
am Leben ein, Stimmungen, die nicht im Charalter des deutschen
Volkes liegen.
„Nach getaner Arbeit ist gut ruhn,“ sagt ein altes Sprichwort;
aber wo ruht es sich besser aus als am heimischen Herde, bei Weib
und Kind? Die volle Tiefe seines Gemütes offenbart der Deutsche
nirgends schöner als in seinem Heim, im Kreise der Seinen, wo er sich
geben kann, wie er ist, wo er seiner Liebe denen gegenüber Ausdruck
verleihen kann, für die er im Kampfe des Daseins wirkt und schafft,
die ihm oft höher stehen als das eigene Leben. Ein geregeltes
Familienleben ist dem Deutschen ein Bedürfnis; daher bietet er,
sobald er herangewachsen ist, alles auf, um sich ein solches zu erringen.
Sein Heim ist der Stolz des Deutschen, seine Ehre. Diese Liebe zum
Heim und zur Familie bezeichnet am besten der lakonische Ausdruck der
Vogtländer: „Derham is derham“, den wir auch andernorts vielfach
finden. Am häuslichen Herd ruht der Mann nach des Tages Arbeit
aus, hier widmet er sich am Abend den Kindern, hier gibt er sich am
Sonntag behaglicher Untätigkeit hin, hier feiert er in Zufriedenheit und
Glück die großen und kleinen Feste der einzelnen Familienglieder, der
ganzen Familie. Dies Glück im engsten Kreise entspricht durchaus dem
Wesen des Deutschen. Hat er seinen Herd, seine Familie, so kümmert
sich der schlichee Mann um niemand weiter in der Welt. Er fühlt sich
auch am wohlsten, wenn sich in seiner Nachbarschaft niemand ansiedelt.
Solchen Zug nach Vereinzelung erwähnt bereits Tacitus. Noch
heute ist er dem deutschen Bauer in vielen Gegenden eigen. Schon die
Anlage seines Gehöftes zeigt dies. In einem großen Teile Nord- und
Westdeutschlands, besonders in Westfalen, aber auch in Mittel- und
Oberdeutschland, findet man die Einzelhöfe oder Einödhöfe, wie sie der
Bayer nennt, d. h. Gehöfte, die mitten in der Feldmark ihres Besitzers
und fern von anderen menschlichen Wohnstätten liegen. Das ist dieselbe
Art der Ansiedelung, die wir in fast ganz Skandinavien antreffen, und
die das Selbstbewußtsein, den trotzigen Sinn eines großen Teiles unserer
ländlichen Bevölkerung großgezogen hat. Auf seinem Gehöft schaltet
und waltet der Besitzer, der Hofbauer, frei und ungebunden wie ein
Fürst. Seiner Umgebung, den Kindern und dem Gesinde, ist er „der
Bauer“ schlechthin und läßt sich von ihr nie anders anreden. Diefalbe
Achtung, die er in seiner Jugend vor feinem Vater, dem „alten Bauer“,
gehabt hat, verlangt er für sich. Er kennt keinen Widerspruch und
duldet ihn nicht, wenn er sich in seiner Umgebung regen sollte. Neuerungen