Full text: [Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband]] (Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband])

D V VJööäùöæ 245 
ist er abhold: die Vorfahren haben sich unter solchen Verhältnissen auf 
ihrem Gehöft wohlgefühlt, was sind da neue Sitten, neue Gebräuche 
nötig? So hängt der Hofbauer mit eisernen Banden bis zur Starr— 
köpfigkeit am Alten, und diesen konservativen Sinn überträgt er auf alle 
Gebiete des wirtschaftlichen, sozialen, politischen, religiösen Lebens. Selbst 
in die Fremde hat man dieses echt germanische Wesen aus der Heimat 
mitgenommen: bis auf den heutigen Tag haben es die niederdeutschen 
Buren in Südafrika rein zu erhalten gewußt und opfern eher Gut und 
Leben als ihre Freiheit und ihren Stammescharakter. 
Aber nicht nur bei dem Hofbauer, sondern auch bei dem Dorfbauer 
zeigt sich das Streben, am Alten festzuhalten und Neuerungen den 
Zugang zu wehren. Neben dem Einzelhofe finden wir schon in alter 
Zeit das Dorf, besonders das Haufen- oder Sippendorf. Die Sippschaft 
hat sich zu gemeinsamer Besiedelung ein Stück Land ausgesucht und 
bebaut es gemeinsam, indem jedem Gliede sein Anteil zugeschrieben wird. 
Hierdurch wird das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das bereits durch 
die Verwandtschaft vorhanden ist, immer wach erhalten und gestärkt. 
Fühlt man sich so, von regem genossenschaftlichen Sinne geleitet, auf 
der einen Seite untereinander verbunden, so hält man andere Gemeinden 
für fremde Körperschaften, wenn diese auch gleiche Sitten, gleiche Gesetze, 
gleiche Sprache haben. Hieraus entspringt einerseits die große Hilfs— 
bereitschaft, mit der die gesamte Gemeinde ihren Mitgliedern in Freud 
und Leid zur Seite steht, anderseits aber auch der deutsche Partikularismus, 
durch den Nachbargemeinden sich nicht selten in grimmiger Feindschaft 
gegenübertreten. Diese Züge deutschen Wesens finden wir dann bei der 
städtischen Bevölkerung wieder: auch hier fühlt sich die Gemeinde als 
Ganzes; man hilft dem Mitbürger, wenn Feuersbrunst sein Eigentum 
vernichtet, wenn schwere Krankheit ihn unfähig zum Erwerb macht, wenn 
er den Eid zu leisten hat, kurz, in allen Lagen des Lebens. Auf die 
Nachbarstadt jedoch schaut man von oben herab und bespöttelt das Tun 
und Treiben ihrer Bürger, wo sich nur Gelegenheit dazu bietet. Hieraus 
erklären sich die zahlreichen Ortsanekdoten und Krähwinkelsagen, die wir 
in vielen Gegenden Deutschlands antreffen: sie haben fast durchweg ihren 
Ursprung in einer Stadt, die der verhöhnten benachbart ist. Und was 
von Gemeinden und Städten gilt, finden wir endlich auch bei den 
Staaten wieder. Welche Früchte hier der deutsche Partikularismus 
getragen, ist bekannt: auch die Einigung Deutschlands hat ihn nicht 
auszurotten vermocht. 
Seine Häuslichkeit verlangt der Deutsche einfach, aber reinlich 
und behaglich. Schon äußerlich muß das Wohnhaus einen einladenden 
Eindruck machen. Die glatten, leblosen Mauern, die einförmigen Ziegel— 
dächer, die wir heute so oft in den Städten und in Dörfern antreffen, 
sind dem deutschen Wesen zuwider. In Fachwerk zu bauen ist deutsche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.