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ist er abhold: die Vorfahren haben sich unter solchen Verhältnissen auf
ihrem Gehöft wohlgefühlt, was sind da neue Sitten, neue Gebräuche
nötig? So hängt der Hofbauer mit eisernen Banden bis zur Starr—
köpfigkeit am Alten, und diesen konservativen Sinn überträgt er auf alle
Gebiete des wirtschaftlichen, sozialen, politischen, religiösen Lebens. Selbst
in die Fremde hat man dieses echt germanische Wesen aus der Heimat
mitgenommen: bis auf den heutigen Tag haben es die niederdeutschen
Buren in Südafrika rein zu erhalten gewußt und opfern eher Gut und
Leben als ihre Freiheit und ihren Stammescharakter.
Aber nicht nur bei dem Hofbauer, sondern auch bei dem Dorfbauer
zeigt sich das Streben, am Alten festzuhalten und Neuerungen den
Zugang zu wehren. Neben dem Einzelhofe finden wir schon in alter
Zeit das Dorf, besonders das Haufen- oder Sippendorf. Die Sippschaft
hat sich zu gemeinsamer Besiedelung ein Stück Land ausgesucht und
bebaut es gemeinsam, indem jedem Gliede sein Anteil zugeschrieben wird.
Hierdurch wird das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das bereits durch
die Verwandtschaft vorhanden ist, immer wach erhalten und gestärkt.
Fühlt man sich so, von regem genossenschaftlichen Sinne geleitet, auf
der einen Seite untereinander verbunden, so hält man andere Gemeinden
für fremde Körperschaften, wenn diese auch gleiche Sitten, gleiche Gesetze,
gleiche Sprache haben. Hieraus entspringt einerseits die große Hilfs—
bereitschaft, mit der die gesamte Gemeinde ihren Mitgliedern in Freud
und Leid zur Seite steht, anderseits aber auch der deutsche Partikularismus,
durch den Nachbargemeinden sich nicht selten in grimmiger Feindschaft
gegenübertreten. Diese Züge deutschen Wesens finden wir dann bei der
städtischen Bevölkerung wieder: auch hier fühlt sich die Gemeinde als
Ganzes; man hilft dem Mitbürger, wenn Feuersbrunst sein Eigentum
vernichtet, wenn schwere Krankheit ihn unfähig zum Erwerb macht, wenn
er den Eid zu leisten hat, kurz, in allen Lagen des Lebens. Auf die
Nachbarstadt jedoch schaut man von oben herab und bespöttelt das Tun
und Treiben ihrer Bürger, wo sich nur Gelegenheit dazu bietet. Hieraus
erklären sich die zahlreichen Ortsanekdoten und Krähwinkelsagen, die wir
in vielen Gegenden Deutschlands antreffen: sie haben fast durchweg ihren
Ursprung in einer Stadt, die der verhöhnten benachbart ist. Und was
von Gemeinden und Städten gilt, finden wir endlich auch bei den
Staaten wieder. Welche Früchte hier der deutsche Partikularismus
getragen, ist bekannt: auch die Einigung Deutschlands hat ihn nicht
auszurotten vermocht.
Seine Häuslichkeit verlangt der Deutsche einfach, aber reinlich
und behaglich. Schon äußerlich muß das Wohnhaus einen einladenden
Eindruck machen. Die glatten, leblosen Mauern, die einförmigen Ziegel—
dächer, die wir heute so oft in den Städten und in Dörfern antreffen,
sind dem deutschen Wesen zuwider. In Fachwerk zu bauen ist deutsche