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76. Die Bteinkohle. 
Wohl ist der Diamant der allerkostbarste Stein; denn er st o 
rein und weiß wie das Sonnenlicht selber, dazu härter als der härteste 
Stahl, und wenn man ihn zum Brillant schleift, ist er wie das Tau— 
tröpflein, in welchem die Sonne sich spiegelt, selber eine Sonne im 
kleinen. Darum setzen Könige und Fürsten diesen Edelstein als den 
schönsten Schmuck in ihre Kronen, und er ist unter den Menschen so 
hoch geachtet, daß man für einen Diamanten, der nur ein Lot wiegt, 
viel des besten Goldes mit Freuden giebt. Aber er ist auch höchst selten, 
der adelige Herr, und macht sich gar nicht gemein unter den Menschen— 
kindern. Hingegen hat er einen Bruder, dem man gar nicht ansieht, daß 
er gleichen Geschlechtes mit dem im reinsten Lichte funkelnden Edelsteine 
ist, einen Bruder, der ihm gleicht wie die Nacht dem Tage — denn er 
ist schwarz und rußig, und eine zarte Hand mag ihn nicht gern be— 
rühren — einen Bruder, der allerorten mit dem Menschen verkehrt, in 
allen Weltteilen und Ländern sich findet und zu vielen tausend Centnern 
alljährlich aus der Erde gegraben wird. Diefer Bruder des Diamants 
ist die Steinkohle. 
Wie aber der Diamant in seinem Grund und Wesen nichts anders 
ist als Kohle, nur in der geheimnisvollen Werkstatt der Natur zum 
hellen Krystall gebildet: so ist andererseits die Steinkohle nicht minder 
ein Edelstein, noch viel kostbarer als der Diamant; denn wenn sie auch 
nicht die Krone der Könige schmückt, so ist sie doch der Schatz des 
arbeitenden Volkes. An ihr hängt Wohl und Wehe ganzer Menschen— 
geschlechter; an sie knüpft sich die Hoffnung der Armen, welche das 
leure Holz nicht kaufen, aber doch noch an einem Kohlenfeuer sich wärmen 
können. Das mächtigste Land der Erde, Großbritannien, ist durch die 
Steinkohle groß und mächtig geworden; die Steinkohle im Bunde mit 
dem Eisen ist für das thatkräftige Volk ein gewaltiges Rüstzeug ge— 
worden, mit dem es gekämpft hat um die Herrschaft der Welt und diese 
Herrschaft noch fort und fort behauptet. Jetzt, wo die Menschen so 
manche ihrer reichsten Wälder mit frevelndem Übermute vernichtet haben, 
wo der Bau von Eisenbahnen und Fabriken so viele Millionen von 
Bäumen verschlingt, die nicht so schnell wiederwachsen können, als die 
Hand des Menschen sie abhaut; da erscheint die Steinkohle wie ein 
rettender Engel, der zu dem über den Holzmangel betroffenen Menschen 
spricht: „Seht, der gute Schöpfer hieß schon vor Jahrtausenden mich 
werden im dunklen Schoß der Erde, auf daß ihr nun mit meinem Reich— 
tume eure Armut bedecken möget.“ 
Vor tausend und abertausend Jahren, ehe noch ein menschlicher 
Fuß auf der Oberfläche der Erde wandelte, versenkte die göttliche Vor⸗ 
sehung bereits die Schätze, welche nun das Menschengeschlecht begierig 
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