158 IV. Die geistigen Grundlagen der deutschen Kultur.
Organisationen, wie Turn-, Sport-, Iünglingsvereine und sammelt
die noch nicht in vaterländischen Vereinen stehende Jugend vom
14. bis 19. Lebensjahre in eigenen „Jungdeutschland-Vereinigungen."
Der Sport wird häufig zur Konkurrenzleistung; es muß der
Schwächere zurückstehen, und statt angeregt und gefördert zu
werden, geht er wieder mißmutig von dannen. Auch Wanderungen
und immer wieder Wanderungen einzelner Kreise werden nicht
immer das Richtige treffen. Der Betätigungsdrang aller unserer
lieben „Jungens" ist vielseitiger, so daß die Ziele und die Arbeit
der Jungdeutschland-Vewegung mit besonderer Freude zu begrüßen
sind; in ihr kann jeder Sonderverein, unbeschadet seiner Eigenart
mitmarschieren. Die Selbsttätigkeit der Jugend wird ganz her-
vorragend durch das Pfadfinderwesen, das die Jungdeutschland-
Vereinigungen vorzugsweise pflegen, angeregt und gefördert. Die
Bezeichnung „Pfadfinderwesen" hat mit Jndianerromantik und
dergleichen nichts zu tun, sondern der Name Pfadfinder bedeutet
in edler Übertragung „das Suchen und Finden des richtigen
Lebenspfades, der zur Gesundheit und Kraft, zur körperlichen
und sittlichen Kräftigung der Jugend für den Kampf ums Dasein
führen soll." Ein jeder Junge soll als Pfadfinder mitmachen
können, und seine körperliche und geistige Sonderanlage soll in
maßvoller Weise auf ihre Kosten kommen.
Der Pfadfindergedanke ist nicht englischen, sondern urdeutschen
Ursprungs. Er wurde bereits vor mehr als hundert Jahren vom
Turnvater Jahn ausgesprochen und ist heute noch giltig und
sollte auch weiter Gemeingut des deutschen Volkes werden und
bleiben. Leider schlief der Gedanke in den dreißiger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts wieder ein und England blieb es über-
lassen, ihn zur Zeit des Vurenkrieges aufzugreifen und die große
Jugendbewegung in Gestalt der „Voy-Scouts" hervorzurufen, die
auch in Frankreich, China und Japan Nachahmung gefunden hat.
Das Bild der Erziehung des deutschen Volkes wäre nicht
vollständig, wenn wir nicht des Erziehungseinflusses der
Kirche gedenken wollten. Die christliche Weltanschauung beherrscht
die gesamte abendländische Kultur, hauptsächlich die Grundsätze
moderner Sittenlehre, die ethischen Grundlagen der gesellschaftlichen
Verhältnisse, sowohl in Familie wie im öffentlichen Leben und
Staat. Wie schwer erst das Christentum bei den germanischen
Völkern Eingang fand, so zäh halten sie jetzt an der christlichen
Heilslehre. Das tiefinnerliche religiöse Fühlen ist dem deutschen
Volke mehr als den Romanen eigen, und die höchst Gestellten
im Lande bekennen gern ihr Gottvertrauen. Kaum markiger
und trefflicher hat dies einer getan als der deutscheste der Deutschen;
Bismarck bekannte mit freudigem Stolz: „Wir Deutschen fürchten
Gott, sonst nichts in der Welt."
Das Christentum führte eine Neugestaltung des gesamten
germanischen Lebens herbei. Umgekehrt ist auch das Christentum