Full text: [Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband]] (Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband])

Unter den Schauenden stand Ingo und achtete schweigend auf die 
behende Kraft. Da trat zu ihm Jsanbart, ein alter Häuptling des 
Gaues, betrachtete ihn prüfend und begann feierlich, so daß die Rede der 
andern verstummte: „Auch in deinem Volke, Fremdling, woher du auch 
stammst, übt sich wohl der junge Krieger in Sprung und Waffen. An 
deinem Auge und Arm sehe ich, daß du des Spiels nicht ganz unkundig 
bist; vielleicht gefällt dir's, unseren jungen Männern zu zeigen, was in 
deiner Heimat Brauch ist, wenn du auch nicht die Kunst eines Häuptlings 
verstehst. Bist du aus dem Ostlande, wie ich vernehme, so vermagst du 
wenigstens die Holzkeule zu schwingen, auch dieser Wurf erweist die Kraft 
des Mannes, obgleich meine Landgenossen ihn wenig üben. In der Halle 
sah ich über dem Sitz des Wirtes ein solches Holz." 
Ingo antwortete dem ehrbaren Greise: „Wenn mir's der Fürst 
gestattet und die Häupter des Volkes, so will ich versuchen, was ich ehe¬ 
dem gelernt." 
Der Fürst winkte, einer aus dem Gefolge sprang nach dem Hofe und 
trug eine Waffe aus Eichenholz herzu, vom Griffe nach rückwärts 
gekrümmt, vorn mit scharfer Schneide. Die Keule ging von Hand zu 
Hand, lachend wogen die Männer das leichte Werkzeug. „Eine Waffe 
dieser ähnlich trägt unser Sauhirt, um Wölfe zu schlagen," rief Theodulf 
verächtlich, aber Jsanbart der Greis entgegnete strafend: „Du sprichst 
töricht, ich sah von solchem Holz, nicht so schwer als dies, einen 
Schädel brechen wie einen Tonkrug." Und er legte die Keule dem 
Wirt in die Hand. 
„Wer jemals in den Ostmarken über eine Walstatt geritten ist," 
sprach der Fürst, „der kennt die Wunden, welche dieser Knorren schlägt. 
Doch von alten Kriegern habe ich gehört, daß ein Geheimnis in dem 
Holze liegt und daß man schwer des Wurfes mächtig wird, denn tückisch 
soll es dem Unvorsichtigen das eigene Haupt treffen. Nicht unwert ist 
dieses Holz der Hand eines Edlen; denn es war vorzeiten eines Königs 
Waffe, und mein Vater brachte sie aus der Fremde heim." 
„Dann soll sie ihre Kunst dem Sohn erweisen," rief Ingo freudig 
und faßte darnach. Mit kurzem Armschwung warf er die Keule, sie stog 
in krausem Bogen durch die Luft, doch als alle meinten, daß sie zu Boden 
schlagen würde, fuhr sie wie durch eine Schnur gezogen wieder nach dem 
Manne zurück; er Packte sie in der Luft am Griff und warf sie wieder 
hierhin und dahin, immer schneller, und immer kehrte sie gehorsam vom 
Schwünge in seine Hand. So mühelos und lustig schien das Spiel mit 
dem Eichenkloben, daß die Zuschauer näher traten und lautes Gelächter 
durch den Kreis ging. 
„Das ist ein Gaukelspiel des fahrenden Mannes!" rief Theodulf 
verachtend.
	        
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