bewahrt sie in sorgfältiger Erhaltung, gleichsam als Urkunden für die
Forschungen späterer Zeiten. In früheren Zeitaltern erhielt die Natur
die vergänglichen Formen der Tiere und Pflanzen durch Verwandlung in
Stein, oder sie schloß sie ein in weichen Schlamm, der, allmählich zu
Schieferton, Mergel oder Gips erhärtend, in seinen Schichten wie in den
Blättern eines Albums die Abdrücke oft mit den feinsten Einzelheiten in
lithographischem Naturselbstdruck aufbewahrt. Heutzutage bedient sich die
Natur zu diesem Zwecke gewöhnlich des Torfes. Tiere und Pflanzen, die
zufällig in den weichen Boden des Torfmoores geraten, werden in kurzer
Zeit von der überquellenden Moosdecke eingeschlossen und dadurch vor Ver¬
wesung behütet, so daß noch nach Jahrtausenden ihre wohlerhaltenen Körper
sich wieder auffinden lassen. Manches Waldtal schließt in seinem Grunde
ein Torfmoor ein, das gewissermaßen das Archiv des Waldes seit undenk¬
lichen Zeiten darstellt; denn in seinen verschiedenen Tiefen sind die Proben
aller Holzarten aufgehoben, die in den aufeinander folgenden Jahrhunderten
auf den benachbarten Abhängen gewachsen waren. Dann zeigt sich, daß ein
fortwährender Dynastienwechsel im Walde stattfindet, wenn er dem freien
Kampfe der Baumgeschlechter überlassen ist und der Mensch sich von jeder
Einmischung fernhält.. Da jedes der herrschenden Baumgeschlechter seinen
besonderen Hofstaat von niederem Volk im Unterholz und unter den Wald¬
blumen um sich versammelt, so bedeutet ein jeder Wechsel zugleich eine
völlige Umgestaltung der Waldflora, gleichzeitig deutet er auf regelmäßig
wiederkehrende Wandelungen des Klimas, denen in erster Reihe jene
Waldrevolutionen zuzuschreiben sind.
Die ältesten Wälder, von denen in den tiefsten Lagen der skandi¬
navischen Torfmoore sich Überreste erhalten haben, bestanden aus Espen,
ihnen folgten Kiefern, diesen Eichen, diesen Erlen, zuletzt Buchen, die bis
zum heutigen Tag im Alleinbesitz der schönen Waldungen von Seeland
geblieben sind. Die Aufeinanderfolge ist so gesetzmäßig, daß skandinavische
Altertumsforscher von einem Zeitalter der Kiefer, der Eiche, der Buche
sprechen, die sich auch durch die Kunsterzeugnisse der gleichzeitigen Volks¬
stämme unterscheiden lassen. Im östlichen Norwegen, wo die Buche nicht
gedeiht, sind es die Erlen, die vom Nadelwald vertrieben wurden; an der
warmen, feuchten Westküste dagegen herrscht noch heutzutage die Erle in
friedlicher Gesellschaft mit der Birke, der Espe, der Eberesche und schmückt
mit fröhlichem Laubgrün die Talgründe, während an den steilen Gehängen
nur mühselig Fichten und Kiefern Fuß fassen. Aber auch diese beiden,
obwohl stammverwandt, geraten in Kampf, wo sie in den norwegischen
Wäldern untereinander zerstreut leben; gewöhnlich ist die Fichte die stärkere
und erstickt mit der Zeit den Gegner, indem sie ihm mit ihrem breit¬
schattigen Geäst das Licht entzieht. Nicht ohne Mitgefühl erblicken wir
dann mitten im einförmigen Fichtenwald vereinzelte alte Kiefern, die sich
knorrig krümmen und winden, um aus dem dunkeln Fichtig hervor die