206 Lyrische Poesie. XIV. Weltliche (Vaterlands-) Lieder.
5.
1. Wer sind die Jünglinge, die mit unwill'gen
Glntblicken über ihren Feind, den Buben,
Von ihren Sitzen plötzlich sich erhuben.
Dem Vaterland sich bietend zu Freiwilligen?
2. Sie kommen, o ein Tausch jetzt hoch zu bill'gen,
Sie kommen aus der Musen stillen Stuben,
Wo sie in ernster Weisheit Schachten gruben,
Und wollen jetzt im Feld sich pflücken Lil'gen.
3. O würd'ges Schauspiel, o erhabne Szenen,
O wahrhaft feierliche Katastrophe,
Wie nur sie sah das Land einst der Hellenen!
4. Mit in die Reihn gestellt gehn Philosophen,
Und vor den Reihn, trunken von Hippokrenen,
Gehn auch die Dichter her und wirbeln Strophen.
6. *
1. Frau'n Preußens, nehmt für eure Opfergaben
Das Opfer an des Lieds, das ich euch bringe;
Ihr, die ihr gabt vom Finger eure Ringe,
So wie ihr gabt vom Busen eure Knaben
2. Dem Vaterland! In Erzschrift sei gegraben
Eur Preis, daß ihn kein Mund der Zeit bezwinge!
Des Ruhms, den eurer Männer blut'ge Klinge
Erfechten wird, sollt ihr die Hälfte haben.
3. Denn wenn sie selbst, im Sturm des Feindes, Wunden
Erbeuteten, so habt ihr mit dem Kleide
Von euren Schultern ihnen sie verbunden;
4. Und wenn der Freiheit Tempel aus dem Leide
Nun steigt durch sie, so soll's die Welt erkunden.
Daß ihn zu schmücken ihr gabt eur Geschmeide.
7.
1. Es steigt ein Geist, umhüllt von blankem Stahle,
Des Friedrichs Geist, der in der Jahre sieben
Einst tat die Wunder, die er selbst beschrieben,
Er steigt empor aus seines Grabes Male
2. Und spricht: „Es schwankt in dunkler Hand die Schale,
Die Reiche wägt, und meins ward schnell zerrieben.
Seit ich entschlief, war niemand wach geblieben;
Und Roßbachs Ruhm ging unter in der Saale.
3. „Wer weckt mich heut und will mir Rach' erstreiten?
Ich sehe Helden, daß mich's will gemahnen,
Als säh' ich meine alten Zieten reiten.
4. „Auf, meine Preußen, unter ihre Fahnen!
In Wetternacht will ich voran euch schreiten,
Und ihr sollt größer sein als eure Ahnen."