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111. Morgenlied. — 112. Morgenwanderung.
7. dann erhebt sich meine Seele
und es sinken alle Sorgen,
und mit stillgefaßtem Herzen
geh' entgegen ich dem Morgen.
5 111. Morgenlied.
Von Friedrich von Schiller.
1. Verschwunden ist die finstre Nacht;
die Lerche schlägt, der Tag erwacht,
die Sonne kommt mit Prangen
10 am Himmel aufgegangen.
Sie scheint in Königs Prunkgemach,
sie scheinet durch des Bettlers Dach,
und was in Nacht verborgen war,
das macht sie kund und offenbar.
15 2. Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,
der über diesem Haus gewacht,
mit seinen heiligen Scharen
uns gnädig wollte bewahren.
Wohl mancher schloß die Augen schwer
20 und öffnet sie dem Licht nicht mehr;
drum freue sich, wer neubelebt
den frischen Blick zur Sonn' erhebt!
112. Morgenwanderung.
Von Emanuel Geibel.
1. Wer recht in Freuden wandern
will,
der geh' der Sonn' entgegen;
da ist der Wald so kirchenstill,
kein Lüftchen mag sich regen;
noch sind nicht die Lerchen wach,
nur im hohen Gras der Bach
singt leise den Morgensegen.
2. Die ganze Welt ist wie ein
Buch,
darin uns aufgeschrieben &
in bunten Zeilen manch ein Spruch,
wie Gott uns treu geblieben;
Wald und Blumen nah und fern
und der helle Morgenstern
sind Zeugen von seinem Lieben. 40