8. Rhtinsagc. — 9. 2lm Niederwaldöenkmal.
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Gegen Abend kündigen Flintenschüsse aus der rechten, Glockenläuten auf der
linken Rheinseite — die Bräuche sind hüben und trüben verschieden — den
Feierabend an. Die Weinberge werden geschlossen, und die Winzer und
Winzerinncn ziehen heim. Ihr Singen und Jauchzen mischt sich mit dem
Knallen der Flinten und dem Läuten der Glocken. — „Am Rhein, am Rhein, 5
da wachsen unsre Reben, gesegnet sei der Rhein!"
H. Harms (Vaterländische Erdkunde).
8. Rheinsage.
1. Am Rhein, am grünen Rheine, da ist so mild die Nacht;
die Rebenhügel liegen in goldner Mondespracht.
2. Und an den Hügeln wandelt ein hoher Schatten her
mit Schwert und Purpurmantel, die Krone von Golde schwer.
3. Das ist der Karl, der Kaiser, der mit gewaltiger Hand
vor vielen hundert Jahren geherrscht im deutschen Land.
4. Er ist heraufgestiegen zu Aachen aus der Gruft
und segnet seine Reben und atmet Traubenduft.
5. Bei Rüdesheim, da funkelt der Mond ins Wasser hinein
und baut eine goldene Brücke wohl über den grünen Rhein.
6. Der Kaiser geht hinüber und schreitet langsam fort
und segnet längs dem Strome die Reben an jedem Ort.
7. Dann kehrt er heim nach Aachen und schläft in seiner Gruft,
bis ihn im neuen Jahre erweckt der Traubenduft. Eman. Geibei. (Gekürzt.)
9. Am Niederwalddenkmal.
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Wo am Rhein die Trauben reifen,
stehst du, erzgetrieb'nes Bild,
issest deine Blicke schweifen
freudig über das Gefild;
was der Väter treues Auge
nur im Traum als Wahrheit sah,
stt errungen, Himmelstochter,
Mutter du, Germania!
In der Hand die heil'ge Krone,
schwertgerüstet strahlst du dort,
daß der Feindesfuß verschone
35 unsres Vaterlandes Bord.
Segne huldvoll Deutschlands Banner,
dich zu schützen, sind wir da,
gib uns Kraft, o Himmelstochter,
Mutter du, Germania!
Fest auf ewig ist gegründet 40
unsre alte deutsche Macht;
sei von dir der Welt verkündet,
wie das Volk in Waffen wacht!
Wenn dereinst ertönt ein Schlachtruf,
sind wir da, ob fern, ob nah, 4»
bis zum Tode! Himmelstochter,
Mutter du, Germania!
M. Hoffmcmn.