Full text: [Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband]] (Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband])

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19. Der Rosengarten von Worms. 
Helden; Wildeber soll der neunte sein und Helmschrot der zehnte. Als elften 
weiß ich keinen außer Dietleib von Steier, den Ihr hierher entbieten müht." 
— „Das wären elf gute Streiter", sprach der Berner, „aber wo finden wir 
den zwölften?" — „Darum sorget nicht!" antwortete der Meister Hilde- 
5 brand, „ich hole meinen Bruder, den Mönch Jlsan, aus dem Kloster." — 
„Nicht doch", sprach Dietrich, „so manches Jahr hat er die Kutte getragen; 
sollt ich ihn dem Dienste Gottes, dem er sich gelobt hat, untreu machen?" — 
„Wißt Ihr nicht mehr", erwiderte Hildebrand, „wie er Euch schwur, als er 
ins Kloster ging, er wolle Euch zu Diensten sein, wenn Ihr ihn riefet?" — 
10 „Wohlan", sprach der König, „so laßt uns überlegen, wie wir die beiden 
Helden, Dietleib und Jlsan, zu der Reise laden." 
Da ward Siegstab der Junge gen Steier gesandt, Dietleib zu suchen; 
und wie er in die Burg kam, empfing ihn Biterolfs starker Sohn mit Freuden 
und fragte ihn, was er ihm für Märe bringe. In wenig Worten tat Siegstab 
15 sie kund; alsbald hieß Dietleib sich das Roß satteln und die Rüstung anlegen 
und ritt mit dem jungen Wölfing gen Bern. Hier kam ihm der König 
entgegen, küßte ihn und empfing ihn gar wohl. „Dietleib, lieber Gesell", 
sprach Dietrich, „sage mir, erzürnt dich nicht der Wormser Übermut?" — 
„Ja wahrlich", antwortete der Held, „eh ich ihn ertrüge, wär ich lieber tot." 
20 Da dankte ihm der Berner, und sie gingen hohen Mutes miteinander in den 
Königssaal. 
2. Wie ste den Mönch Jlsan aus dem Kloster hotten 
und gen Meine ritten. 
Run stiegen Meister Hildebrand und König Dietrich zu Roß und huben 
25 sich gen Isenburg, wo Jlsan ein Klosterbruder war. Die beiden Helden 
trugen selber ihre Speere und Schilde, denn niemand ritt mit ihnen. An 
einem Morgen früh kamen sie ans Tor, als Mönch Jlsan gerade die Früh¬ 
messe singen wollte; Hildebrand klopfte kräftig an und rief mit lauter Stimme: 
„Laßt mich herein, ihr frommen Brüder, ich möchte auch gern ein Priester 
30 sein!" Da sprach Jlsan zum Bruder Pförtner: „Geh an die Mauer und 
sieh, wer draußen klopft." Der Bruder lief hin und kam eilends wieder 
zurück: „O weh", rief er, „zwei Gewappnete stehen vor dem Tor; ich fürchte, 
sie wollen das Kloster berauben." — „Das will ich schon verhüten", sprach 
Jlsan, „bringt mir Harnisch, Helm und Schwert! Und wären's ihrer zwei- 
35 unddreißig, sie liehen uns angefressen, dafür verbürg ich mich!" 
Als nun der Mönch Jlsan gerüstet war, fragte er: „Wie sehen die 
beiden aus, und was für Zeichen führen sie?" — „Herr", sprach der Pförtner,
	        
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