Full text: [Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband])

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A. Erzählende Prosa. I. Sagen. 
Von Süden her kommt aus Muspelheim der lohende Fenerriese 
gefahren mit flammendem Schwert. Ihn und seine Scharen schreckt 
der feurige Glutstreif nicht, der inmitten der Bifrost- Brücke entlang 
brennt. — Frei ist Loki und steuert das Schiff, das die wutheulenden 
Sturmriesen, die unerbittlichen Frost- und Steinriesen durch Luft und 
Wasser trägt zum Kampfplatz wider die einstigen Göttergenossen. — 
Frei ist auch der Fenriswolf uub rennt mit klaffendem Rachen daher: 
sein Unterkiefer streift den Boden, sein Oberkiefer reicht zum Himmel: 
alles will er verschlingen. Gift und Feuer glühn ihm aus Nase und 
Augen. — Gift speit auch die ungeheure Midgardschlange, die sich 
neben ihm entlang ringelt. Das Meer war brausend zurückgewichen, 
als sie sich hob, und zitternd bebte unter ihr der Erde Grund. 
Als diese alle sich nähern, berstet der Himmel, und die Brücke 
bricht. Zum letztenmal stößt Heimdall, ihr Wächter, ins Horn, daß 
laut es schallt und weithallend sein Klang Einherier und Götter weckt, 
sie neubelebt in die alte sieggewohnte Schlachtordnung ruft. 
Voran reitet Odin auf Sleipnir, dem schnellen. Abgeworfen hat 
er den breitkrümpigen Hut, der das fehlende Auge bisher so sorglich 
verdeckte; schimmernden Goldhelm aufs Haupt gedrückt, reitet er trotzig 
daher; mag der güldene Glanz doch allen Feinden künden, wo Wal¬ 
vater sie finden. Hammerschwingend hält sich Thor ihm zur Seite. 
Aber wenig kann den Erhabenen er schützen, als der Fenriswolf wider 
Odin anrennt; denn die Midgardschlange erhebt zischend ihr Haupt 
wider ihn selber, sucht ringelnden Leibes den Donnerer zu umschlingen, 
in ihrer Gelenke Verstrickung ihn tödlich zu erdrücken. Zwar gelingt 
es dem kampfeszornigen Blitzewerfer, das Ungetüm mit feinen Eisen- 
handschuhen zu packen und mit seinem Hammer den Kopf ihm zu zer¬ 
schmettern; aber es ist seine letzte That. Tot füllt er neben der Er¬ 
schlagenen zu Boden. Das Gift, das sie auf ihn gespieen, hat seines 
Lebens Odem versehrt. 
Heimdall stellt sich Lokis wütendem Grimm entgegen. Surtnrs 
flammendem Schwerte versucht Freir stand zu halten. 
Tapfern Mutes dringen die Einherier auf die Scharen der andern 
Riesen ein, und Tyr, der einhändige Schwertgott, vertritt dem blnt- 
geifernden Hunde der Hel den Weg. Weh ihm, daß er bei des Wolfes 
Fesselung die Rechte verlor! nun kann er des Hundes nicht Herr werden 
und wird von ihm zerrissen. 
Erbarmungslos wütet der Kampf und endet erst mit der Ver¬ 
nichtung aller. 
Tot sind Tyr und Thor, der Donnerer. Loki und Heimdall, der 
Feuergott und der Wächter der Regenbogenbrücke, der als solcher auch 
der Gott des Regens ist, haben sich gegenseitig vernichtet wie ihre 
Elemente, Feuer und Wasser, in alter Feindschaft es thun.
	        
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