Full text: [Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband])

362 Anhang. III. 4. Wiederholung des im Unter-Tertia-Kursus 
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise, 
Stellte wunderbare Flammen, 
Kraut und Knochenwerk zusammen; 
Die Beschwörung war vollbracht. 
Und auf die gelernte Weise 
Grub ich nach dem alten Schatze 
Auf dem angezeigten Platze; 
Schwarz und stürmisch war die Nacht. 
3. Und ich sah ein Licht von weiten, 
Und es kam gleich einem Sterne 
Hinten aus der fernsten Ferne, 
Eben als es zwölfe schlug. 
Und da galt kein Vorbereiten; 
Heller ward's mit einemmale 
Von dem Glanz der vollen Schale. 
Tie ein schöner Knabe trug. 
4. Holde Augen sah ich blinken 
Unter dichtem Blumenkränze; 
In des Trankes Himmelsglanze 
Trat er in den Kreis herein. 
Und er hieß mich freundlich trinken; 
Und ich dacht': Es kann der Knabe 
Mit der schönen lichten Gabe 
Wahrlich nicht der Böse sein. 
5. „Trinke Mut des reinen Lebens! 
Dann verstehst du die Belehrung, 
Kommst mit ängstlicher Beschwörung 
Nicht zurück an diesen Ort. 
Grabe hier nicht mehr vergebens! 
Tages Arbeit! Abends Gäste! 
Saure Wochen! Frohe Feste! 
Sei dein künftig Zauberwort." 
Lüwenritt. 
Von Ferdinand Freiligrath. (1835.) 
1. Wüstenkönig ist der Löwe; will er sein Gebiet durchfliegen, 
Wandelt er nach der Lagune, in dem hohen Schilf zu liegen. 
Wo Gazellen und Giraffen trinken, kauert er im Rohre; 
Zitternd über dem Gewalt'gen rauscht das Laub der Sykomore. 
2. Abends, wenn die hellen Feuer glühn im Hottentottenkraale, 
Wenn des jähen Tafelberges bunte, wechselnde Signale 
Nicht mehr glänzen, wenn der Kaffer einsam schweift durch die Karrn, 
Wenn im Busch die Antilope schlummert und am Strom das Gnu: 
3. Sieh, dann schreitet majestätisch durch die Wüste die Giraffe, 
Daß mit der Lagune trüben Fluten sie die heiße, schlaffe 
Zunge kühle; lechzend eilt sie durch der Wüste nackte Strecken, 
Knieend schlürft sie langen Halses aus dem schlammgefüllten Becken. 
4. Plötzlich regt es sich im Rohre; mit Gebrüll auf ihren Nacken 
Springt der Löwe; welch ein Reitpferd! Sah man reichere Schabracken 
In den Marstallkammern einer königlichen Hofburg liegen, 
Als das bunte Fell des Renners, den der Tiere Fürst bestiegen? 
5. In die Muskeln des Genickes schlägt er gierig seine Zähne; 
Um den Bug des Riesenpferdes weht des Reiters gelbe Mähne. 
Mit dem dumpfen Schrei des Schmerzes springt es auf und flieht gepeinigt; 
Sieh, wie Schnelle des Kameles es mit Pardelhaut vereinigt! 
6. Sieh, die mondbestrahlte Fläche schlägt es mit den leichten Füßen! 
Starr aus ihrer Höhlung treten seine Augen; rieselnd fließen 
An dem braungefleckten Halse nieder schwarzen Blutes Tropfen, 
Und das Herz des flücht'gen Tieres hört die stille Wüste klopfen. 
7. Gleich der Wolke, deren Leuchten Israel im Lande Deinen „ 
Führte, wie ein Geist der Wüste, wie ein fahler, luft'ger Schemen, 
Eine sandgeformte Trombe in der Wüste sand'gem Meer, 
Wirbelt eine gelbe Säule Sandes hinter ihnen her. 
8. Ihrem Zuge folgt der Geier; krächzend schwirrt er durch die Lüfte; 
Ihrer Spur folgt die Hyäne, die Entweiherin der Grüfte, 
Folgt der Panther, der des Kaplands Hürden räuberisch verheerte; 
Blut und Schweiß bezeichnen ihres Königs grausenvolle Führte.
	        
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