geben.“ Doch begütigend und das kaum ausgesprochene schlimme
Wort bereuend, setzt sie alsbald hinzu: „Du bist selbst schuld,
dass wir in diesen Streit geraten sind; mir ist es immer leid, glaube
mir das auf meine Treue; zu treuer Herzensfreundschaft bin ich
5 immer wieder bereit.“ Aber das Wort ist zu arg gewesen; beim
Ausgang aus dem Münster fordert Brunhild von Kriemhild, dass
sie beweise, was sie gesagt. Als nun aber Kriemhild Ring und
Gürtel zeigt, die einst Siegfried der gebändigten Brunhild abge¬
nommen, da ist deren Übermut gebrochen; doch hoch auf richtet
io sie sich in grimmiger Rachsucht; es ist gewiss, dass Siegfried
sich seines früheren Verhältnisses zu ihr, dass er sich der durch
ihn, nicht durch Günther zweimal geschehenen Überwältigung
ihrer stolzen Kraft gegen Kriemhild gerühmt hat; sie ist öffentlich
bis auf den Tod beleidigt. Siegfrieds Tod ist beschlossen,
io Der Arglose sieht den Streit nicht an als den Anfang des
bitteren Kampfes auf Tod und Leben, dem er selbst unterliegen
soll; eitler Ehre als ein rechter Held nicht begehrend, hat er sich
nie der Taten gerühmt, die er vollbracht, am wenigsten des, was
ihm gegen ein Weib gelungen; nur dass Ring und Gürtel von Brun-
20 bild sind, das freilich hat er gesagt. Eine gleiche Zurückhaltung
und Mälsigung will er auch von den Frauen beobachtet wissen.
„Sie haben sich vergessen,“ meint er, „und dass mein Weib das
deinige, Günther, betrübt hat, das ist mir ohne Massen leid.. Wir
wollen von dem, was geschehen ist, schweigen; unsre Frauen
25 sollen schweigen wie wir.“
Aber Brunhild schweigt nicht, kann nicht schweigen; jam¬
mernd in ohnmächtiger Wut, sitzt sie einsam im Gemache; da findet
sie Hagen und erfährt von ihr noch genauer, wie schwer sie ge¬
kränkt sei. Seine Herrin und Königin weint, gekränkt, bis in den
3o Tod beleidigt von einem Manne — der Mann muss sterben. Die
Brüder der Beleidigerin, die drei Könige, und Ortwin von Metz
werden zur Beratung hinzugezogen, und nur der jüngste, Giselher,
hält die Sache als einen Frauenstreit für zu gering, als dass ein
Held wie Siegfried darum das Leben verlieren sollte; die übrigen,
35 selbst der im Anfang schwankende Günther, in dem die Dankbar¬
keit gegen Siegfried doch noch nicht ganz erloschen ist, stimmen
für Siegfrieds Tod. Es soll ein falsches Kriegsgerücht verbreitet,
das Heer aufgeboten und, da man voraussetzt, dass Siegfried sich
dieser Heerfahrt nicht entziehen werde, der Held auf diesem
40 Kriegszuge erschlagen werden.