Full text: Prosalesebuch für Untertertia der Vollanstalten oder Klasse III der Realschulen (Teil 4, [Schülerband])

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Schieisscharten unterbrochenen Mauern, die meist aus ungebrann¬ 
ten Lehmziegeln aufgeführt sind und den Zugang zum Dorf nur 
durch enge Tore gewähren. Im Süden der Provinz dagegen reihen 
sich die Häuser in lockerer Anordnung zu beiden Seiten einer 
5 breiten Dorfstrafse aneinander; jedoch verursacht hier die Ab¬ 
geschlossenheit der Privathäuser meist einen unfreundlichen Ein¬ 
druck. Eine Mauer mit enger Pforte bildet in der Regel die 
Strafsenfront; erst durch sie gelangt man in den Hof und in die 
Wohnräume, die sich zu dessen Seiten befinden. 
60. An den Stromschnellen des Nils. 
Alfred Edmund Brehm. Vom Nordpol zum Äquator. Stuttgart 1890. 
Die wenigsten Reisenden, welche das untere Niltal durch¬ 
ziehen, lernen die Stromschnellen seines mittleren Laufes kennen. 
Ein verhältnismässig geringer Bruchteil von ihnen überschreitet 
den sogenannten ersten Katarakt, unter hunderten kaum einer den 
s zweiten. Wadihaifa, ein unmittelbar unter der zweiten Strom¬ 
schnellengruppe gelegenes Dorf, bildet das gewöhnliche Ziel der 
Nilreisenden; weiter nach Süden hin treiben nur Forschungs¬ 
drang, Jagdeifer oder Hoffnung auf Handelsgewinn. Von Wadi- 
halfa aus beginnen die Schwierigkeiten einer Reise in das Innere 
io Afrikas: kein Wunder daher, dass die grosse Menge in jenem 
Palmendorfe den Bug des Bootes wieder heimwärts kehrt. Wer 
aber jung und kräftig, willensstark und unverzärtelt ist, wird nie¬ 
mals bereuen, wenn er weiter nach Süden vordringt. In dem an 
landschaftlichen Reizen armen Niltale bildet das Gebiet der 
15 Stromschnellen eine eigenartige Welt für sich. Grofsartige und 
anmutige, ernste und heitere, unendlich öde und frisch lebendige 
Bilder wechseln miteinander ab; aber es sind Bilder der Wüste, 
welche diese Landschaft dem Auge bietet, und Vergessen des 
Gewohnten wird zur Vorbedingung, um sie so zu würdigen, wie 
20 sie verdienen. Wer nicht imstande ist, die Wüste zu begreifen, 
an ihrem Farbenreichtum sich zu ersättigen, ihre Glut zu er¬ 
tragen, an ihrer Nacht sich zu erquicken, tut wohl, auch die 
Nilwüste zu meiden; wer offenen Auges und empfänglichen 
Herzens das Gebiet der Stromschnellen durchwandert, womöglich 
25 sogar* in gebrechlichem Boote den Kampf aufnimmt mit den schäu¬ 
menden und tobenden Wogen, wird sein ganzes Leben hindurch 
zehren an köstlichen Erinnerungen; denn nie und nimmermehr
	        
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