Full text: [2 = Ober-Tertia, [Schülerband]] (2 = Ober-Tertia, [Schülerband])

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Überzeugung, daß kein Opfer zu groß sei für das höchste menschliche Gut, 
für seines Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches 
Herz: Theodor ist zu größeren Zwecken da; er hätte auf einem anderen 
Felde Wichtigeres und Bedeutendes leisten können; er ist der Menschheit 
noch ein großes Pfund zu berechnen schuldig. Aber, Vater, meine Meinung 
ist die: zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre seiner Nation ist 
keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! Hat mir Gott wirk¬ 
lich etwas mehr als gewöhnlichen Geist eingehaucht, der unter Deiner Pflege 
denken lernte: wo ist der Augenblick, wo ich ihn mehr geltend machen kann? 
Eine große Zeit will große Herzen, und ich fühl' die Kraft in mir, eine 
Klippe sein zu können in dieser Völkerbrandung, ich muß hinaus und den: 
Wogensturme die mutige Brust entgegendrücken. 
Soll ich in feiger Begeisterung meinen siegenden Brüdern meinen 
Jubel nachleiern? Soll ich Komödien schreiben auf dem Spotttheater, wenn 
ich den Mut und die Kraft mir zutraue, auf dem Theater des Ernstes 
mitzusprechen? Ich weiß, Du wirst manche Unruhe erleiden müssen, die 
Mutter wird weinen! Gott tröste sie! Ich kann's Euch nichl ersparen. Des 
Glückes Schoßkind rühmt' ich mich bis jetzt, es wird mich jetzt nicht ver¬ 
lassen. Daß ich mein Leben wage, das gilt nicht viel; daß aber dies 
Leben mit allen Blütenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude ge¬ 
schmückt ist, und daß ich es doch wage, daß ich die süße Empfindung hin¬ 
werfe, die mir in der Überzeugung lebte, Euch keine Unruhe, kein Angst 
zu bereiten, das ist ein Opfer, dem nur ein solcher Preis entgegengestellt 
werden darf. — Sonnabends oder Montags reise ich von hier ab, wahr¬ 
scheinlich in freundlicher Gesellschaft; vielleicht schickt mich auch Humboldt 
als Kurier. In Breslau, als dem Sammelplätze, treffe ich zu den freien 
Söhnen Preußens, die in schöner Begeisterung sich zu den Fahnen ihres 
Königs gesammelt haben. Ob zu Fuß oder zu Pferd, darüber bin ich noch 
nicht entschieden, und kommt einzig auf die Summe Geldes an, die ich zu¬ 
sammenbringe. — Toni hat mir auch bei dieser Gelegenheit ihre große, 
edle Seele bewiesen. Sie weint wohl, aber der geendigte Feldzug wird 
ihre Tränen schon trocknen. Die Mutter soll mir ihren Schmerz vergeben; 
wer mich liebt, soll mich nicht verkennen, und Du wirst mich Deiner 
würdig finden. 
Dein 
Theodor. 
26. Aufruf des Königs Friedrich Wilhelm III. 
An Mein Volk! 
So wenig für Mein treues Volk als für Deutsche bedarf es einer 
Rechenschaft über die Ursachen des Kriegs, welcher jetzt beginnt. Klar liegen
	        
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