Full text: [2 = Ober-Tertia, [Schülerband]] (2 = Ober-Tertia, [Schülerband])

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9. Doch wachsend erneut sich des 
Stromes Wut, 
Und Welle auf Welle zerrinnet, 
Und Stunde an Stunde entrinnet. 
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich 
Mut 
Und wirft sich hinein in die brausende 
Flut 
Und teilt mit gewaltigen Armen 
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen. 
10. Und gewinnt das Ufer und eilet 
fort 
Und danket dem rettenden Gotte; 
Da stürzet die raubende Rotte 
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort, 
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet 
Mord 
Und hemmet des Wanderers Eile 
Mit drohend geschwungener Keule. 
11. „Was wollt ihr? ruft er, vor 
Schrecken bleich, 
Ich habe nichts als mein Leben, 
Das muß ich dem Könige geben!" 
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich: 
„Um des Freundes willen erbarmet euch!" 
Und drei mit gewaltigen Streichen 
Erlegt er, die andern entweichen. 
12. Und die Sonne versendet glühenden 
Brand, 
Und von der unendlichen Mühe 
Ermattet, sinken die Kniee: 
„O hast du mich gnädig aus Räubershand, 
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige 
Land, 
Und soll hier verschmachtend verderben, 
Und der Freund mir, der liebende, sterben!" 
13. Und horch! da sprudelt es silberhell, 
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen, 
Und stille hält er, zu lauschen. 
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig,schnell, 
Springt murmelnd hervor ein lebendiger 
Quell, 
Uud freudig bückt er sich nieder 
Und erfrischet die brennenden Glieder. 
14. Und die Sonne blickt durch der 
Zweige Grün 
Und malt auf den glänzenden Matten 
Der Bäume gigantische Schatten; 
Und zwei Wanderer sieht er die Straße 
. ziehn, 
Will eilenden Laufes vorüber fliehn, 
Da hört er die Worte sie sagen: 
„Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen." 
15. Und die Angst beflügelt den eilenden 
Fuß, 
Ihn jagen der Sorge Qualen; 
Da schimmern in Abendrots Strahlen 
Von ferne die Zinnen von Syrakus, 
Und entgegen kommt ihm Philostratus, 
Des Hauses redlicher Hüter, 
Der erkennet entsetzt den Gebieter: 
16. „Zurück! du rettest den Freund 
nicht mehr, 
So rette das eigene Leben! 
Den Tod erleidet er eben. 
Von Stunde zu Stunde gewartet' er 
Mit hoffender Seele der Wiederkehr, 
Ihm konnte den mutigen Glauben 
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben." — 
17. „Und ist es zu spät, und kann ich 
ihm nicht 
Ein Retter willkommen erscheinen, 
So soll mich der Tod ihm vereinen. 
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht, 
Daß der Freund dem Freunde gebrochen 
die Pflicht, 
Er schlachte der Opfer zweie 
Und glaube an Liebe und Treue!"
	        
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