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158. 159.
lich die lebendigen oder stetigen Quellen. Andere sind bald
wasserreich, bald wasserarm; zuweilen fließen sie gar nicht. Das
sind die veränderlichen oder Hungerquellen. Die Quellen
sind schwach oder stark, kommen meist munter, zuweilen wallend
und sprudelnd hervor; einige springen wie Springbrunnen in die
Höhe. Einige sind heiß, andere warm oder lau, die meisten kühl,
im Sommer und Winter fast immer von gleichem Wärmegrad.
Die meisten dienen nur zur Erfrischung und Labung der Menschen,
zur Erquickung für Pflanzen und Tiere; einigen aber hat Gott
durch mancherlei Stoffe besondere Kräfte zur Herstellung der Ge¬
sundheit verliehen. Das sind die Gesundheitsbrunnen oder Heil¬
quellen, welche entweder getrunken, oder zum Baden benutzt wer¬
den. In einigen Quellen läßt Gott das zur Würze der Speisen
notwendige Kochsalz aus dem Schoße der Erde herausführen.
Es sind diejenigen, welche die Salzsole liefern.
Gar lieblich beschreibt die Bibel die Quellen und vergleicht
z. B. das Wort Gottes mit ihnen, weil es unser Inneres
belebt und erfrischt. Gehe zu dieser lautern Quelle, nicht zu
den löcherigen Brunnen bloßer menschlicher Weisheit, die den
Durst deiner Seele nicht zu stillen vermag.
158. Die Quelle.
An einem heißen Sommertage ging der kleine Wil¬
helm über Feld. Seine Wangen glühten vor Hitze, und
er lechzte vor Durst. Da kam er zu einer Quelle, die im
grünen Schatten einer Eiche hell wie Silber aus einem
Felsen hervorbrach.
Wilhelm trank sogleich von dem eiskalten Wasser —
und sank fast ohnmächtig zur Erde. Er kam krank
nach Hause und verfiel in ein gefährliches Fieber. „Ach !“
seufzte er auf seinem Krankenlager, „wer hätte es jener
Quelle angesehen, daß sie ein so schädliches Gift ent¬
hielte!“
Allein der Vater sprach: „Die reine Quelle trägt
an deiner Krankheit nicht die Schuld, sondern deine
Unvorsichtigkeit und Unmäßigkeit!“
159. Am Sache.
Durch fruchtbare Felder und duftige Wiesen schlängelt sich
der klare Bach. Hohle Weiden spiegeln sich darin. Schlanke
Erlen mit ihrem dichten Uuterholze überschatten ihn. Hier und
dort steht auch eine Ulm e oder R ü st er, düster und unfreundlich;
ihre dünn belaubten Zweige hangen wirr durcheinander. Minze
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