Full text: [Teil 5 = Obertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Obertertia, [Schülerband])

ten, geschlossen worden, und man gab die Hoffnung nicht auf, den seit 
Jahrhunderten dauernden Zwist endlich einmal beizulegen. 
Unterdessen ritt die bürgerliche Reiterei in mehreren Abteilungen, 
mit den Oberhäuptern an ihrer Zpitze, an jenen Tagen zu verschiedenen 
Toren hinaus, fand an einer gewissen Stelle einige Reiter oder Husaren 
der zum Geleit berechtigten Reichsstände, die nebst ihren Ñnführern wohl 
empfangen und bewirtet wurden - man zögerte bis gegen Abend und ritt 
alsdann, kaum von der wartenden Menge gesehen, zur Staöt herein, da 
denn mancher bürgerliche Reiter weder sein Pferd noch sich selbst aus dem 
Pferde zu erhalten vermochte. Zu dem Brückentore kamen die bedeu¬ 
tendsten Züge herein, und deswegen war der Andrang dorthin am stärksten. 
Ganz zuletzt und mit sinkender Rächt langte der auf gleiche Weise gelei¬ 
tete Nürnberger Postwagen an, und man trug sich mit der Rede, es müsse 
jederzeit, dem herkommen gemäß, eine alte Frau darin sitzen,- weshalb 
denn die Ztraßenjungen bei Ankunft des Wagens in ein gellendes Ge¬ 
schrei auszubrechen pflegten, ob man gleich die im Wagen sitzenden Pas¬ 
sagiere keineswegs mehr unterscheiden konnte. Unglaublich und wirklich 
die Zinne verwirrend war der Drang der Menge, die in diesem Augenblick 
durch das Brückentor herein dem Wagen nachstürzte, deswegen auch die 
nächsten Häuser von den Zuschauern am meisten gesucht wurden. 
Wolfgang Goethe. (Ñus meinem Leben.) 
Aus Schillers Jugendzeit. 
I. Zchillers Eltern. 
Das von Zang und Zage umwobene Zchwabenland ist Zchillers Hei¬ 
mat. Manches große Geschlecht, mancher bedeutende Mann ist von hier 
ausgegangen und hat entscheidend in die Entwicklung deutschen Lebens 
und deutschen Geistes eingegriffen. 
Ein echter und rechter Zchwabe ist unser Dichter gewesen. Zeine Fa¬ 
milie war, soweit ihre Zpuren zurückreichen, in Zchwaben ansässig. Und 
in der Familiengeschichte der Zchiller zeigt sich die besondere Eigenart, die 
das köstlichste Erbteil des Zchwabenstammes ist, der feste und zähe Wille, 
der Trutzsinn, der nicht so leicht nachgibt und bis zum äußersten standhält 
in den Ztürmen des Lebens. Der ist's auch, der dem Dichter von väterlicher 
Zeite mit ins Leben gegeben wurde. 
„Jeder ist seines Glückes Zchmied" — das erscheint uns als der Wahl¬ 
spruch dieser charaktervollen, tüchtigen Familie, deren jedes Glied, von 
den ehrsamen Bäckermeistern der früheren Zeit bis zum Hauptmann, dem 
Vater des Dichters, ein ganzer Mann gewesen ist. 
Zn eine harte Zchule hat das Leben den Vater genommen, der das Los 
des Rriegsmannes sich selbst erwählt hatte und jahrelang in aller Herren
	        
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