Full text: Handbuch zur Einführung in die deutsche Litteratur mit Proben aus Poesie und Prosa (Teil 5 = Sekunda, [Schülerband])

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Luthers 
Unterlaß treibt, darum sehen wir auch, was für Volk wird und ist 
in den hohen Schulen. Ist niemandes Schuld denn des Papsts, der 
Bischöfe und Prälaten, denn solchen des jungen Volkes Nutzen befohlen 
ist. Denn die hohen Schulen sollten erziehen eitel hochverständige Leute 
in der Schrift, die da möchten Bischöfe und Pfarrer werden, an der 
Spitze stehen wider die Ketzer und Teufel und alle Welt. Aber wo 
findet man das? Ich habe große Sorge, die hohen Schulen seien große 
Pforten der Hölle, so sie nicht emsiglich die heilige Schrift üben und 
treiben ins junge Volk. Nach Zimmer. 
7. Aus: Än die Ratsherrn aller Städte deutschen Landes, daß 
sie christliche Schuten aufrichten und hatten sollen. 
O wehe der Welt immer und ewiglich. Ta werden täglich Kinder 
geboren und wachsen bei uns daher, und ist leider niemand, der sich 
des armen jungen Volks annehme und regiere, da läßt man's gehen, 
wie es gehet. Christus sagt (Matth. 18, 6. 7): Wehe der Welt um 
der Ärgernisse willen; wer dieser Jungen einen ärgert, die an mich 
glauben, dem wäre es besser, einen Mühlstein an den Hals gehenkt und 
ins Meer gesenkt, da es am tiefsten ist. Es sind nur Kinderfresser und 
Verderber. 
Ja, sprichst du, solches alles ist den Eltern gesagt; was geht das 
die Ratsherrn und Obrigkeit an? Ist recht geredet, ja, wie wenn die 
Eltern aber solches nicht thun? Wer soll's denn thun? Soll's darum 
unterbleiben, und die Kinder versäumt werden? Wo will sich da die 
Obrigkeit und Rat entschuldigen, daß ihnen solches nicht sollte gebühren? 
Daß es von den Eltern nicht geschieht, hat mancherlei Ursache: 
Aufs erste, sind etliche auch nicht so fromm und redlich, daß sie es 
thäten, ob sie es gleich könnten, sondern, wie die Strauße, härten sie 
sich auch gegen ihre Jungen. Nun diese Kinder sollen dennoch unter 
uns und bei uns leben in gemeiner Stadt. Wie will denn nun Ver¬ 
nunft und sonderlich christliche Liebe das leiden, daß sie ungezogen auf¬ 
wachsen und den andern Kindern Gift und Geschmeiße sind, damit zu¬ 
letzt eine ganze Stadt verderbe; wie es denn zu Sodom und Gomorra 
und Gaba und etlichen mehr Städten ergangen ist. 
Aufs andere, so ist der größte Haufe der Eltern leider ungeschickt 
dazu und weiß nicht, wie man Kinder ziehen und lehren soll. Denn 
sie nichts selbst gelernt haben außer den Bauch versorgen, und gehören 
sonderliche Leute dazu, die Kinder wohl und recht lehren und ziehen sollen. 
Aufs dritte, obgleich die Eltern geschickt wären, und wollten es 
gerne selbst thun, so haben sie vor andern Geschäften und Haushalten 
weder Zeit noch Raum dazu: also daß die Not zwingt, gemeine Zucht¬ 
meister für die Kinder zu halten, es wollte denn ein jeglicher für sich
	        
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