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goldener Blätter darin erblickte. Daher schärfte sie geschwind das
Küchenmesser, brach den Ziegenleichnam auf und fand im Magen¬
schlunde einen Klumpen Gold, so groß, als ein Paulinerapfel, und
so auch nach Verhältniß in den Mägen der Zicklein.
Jetzt wußte sie ihres Reichthums kein Ende; doch mit der^Be-
sitznehmüng empfand sie auch die drückenden Sorgen desselben; sie
ward unruhig, scheu, fühlte Herzklopfen, wußte nicht, ob sie den Schatz
in die Lade verschließen oder in den Keller vergraben sollte, fürchtete
Diebe und Schatzgräber, wollte auch den Knauser Steffen nicht gleich
alles wissen lassen, aus gerechter Besorgniß, daß er vom Wuchergeist
angetrieben den Mammon an sich nehmen und sie dennoch nebst den
Kindern darben lassen möchte. Sie sann lange, wie sie's klug genug
damit anstellen möchte, und fand keinen Rath. Endlich nahm sie
ihre Zuflucht zu dem trostreichen Seelenpfleger des Dorfes, berichtete
ihm unverhohlen das Abenteuer mit Rübezahl, wie er ihr zu großem
Reichthum verholfen, und was sie dabei für Anliegen habe. Nach¬
dem er lange nachgesonnen hatte, sagte er: „Hör'an, meine Tochter,
ich weiß guten Rath für alles. Wäge mir das Gold zu, daß ich
dir's getreulich aufbewahre; dann will ich einen Brief schreiben in
welscher Sprache, der soll dahin lauten, dein Bruder, der vor Jahren
in die Fremde ging, sei in der Venediger Dienst nach Indien ge¬
schifft und daselbst gestorben, und hab' all sein Gut dir im Testa¬
ment vermacht, mit dem Beding, daß der Pfarrer des Kirchspiels dich
bevormunde, damit es dir allein und keinem andern zu Nutz komme.
Ich begehre weder Lohn, noch Dank von dir; nur gedenke, daß du
der heiligen Kirche einen Dank schuldig bist für den Segen, den dir
der Himmel bescheert hat, und gelobe ein reiches Meßgewand in die
Sacristei." Dieser Rath behagte dem Weibe herrlich: sie gelobte dem
Pfarrer das Meßgewand; er wog in ihrem Beisein das Gold ge¬
wissenhaft bis auf ein Quentlein aus, legt' es in den Kirchenschatz,
und das Weib schied mit frohem und leichtem Herzen von ihm.
Rübezahl war nicht minder ein Weiberpatron. So sehr die
wackere Dörferin mit ihren Gesinnungen und ihrem Benehmen seine
Gewogenheit erworben hatte, so ungehalten war er auf den barschen
Steffen, trug groß Verlangen, das biedere Weib an ihm zu rächen,
ihm einen Possen zu spielen, daß ihm angst und weh dabei würde,
und dadurch so kirre zu machen, daß er der Frau Unterthan würde,
und sie ihnl nach Wunsch den Daumen auf's Auge halten könne.
Zu diesem Behufe sattelte er den raschen Morgenwind, saß auf und
galloppierte über Berg und Thal, spionierte wie ein Ausreiter auf allen
Landstraßen und Kreuzwegen von Böhmen her, und wo er einen
Wanderer erblickte, der eine Bürde trug, war er hinter ihm her und
forschte mit dem Scharfblick eines Korbbeschauers nach seiner Ladung.
Zum Glück führte kein Wanderer, der diese Straße zog, Glaswaaren,