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116. Eine Fahrt im Unterseeboot.
Ulrich Blum.
Wir stehen oben an Deck auf S. M. S. „Vulkan" an die Reeling ge¬
lehnt. Längsseit liegen die Unterseeboote. „II I" soll uns nachher auf¬
nehmen. Klein und fast zierlich sieht das graugrüne Boot aus, lang und
schmal, die flachen Außendecks fast in der Wasserlinie, in der Mitte der
kleine Turm mit den beiden langen, dünnen Sehrohren, und von vorn nach 5
achtern sich erstreckend ein schmaler, meterhoher Aufbau, wie die Rückenflosse
eines Fisches.
Polternd und knatternd entweichen hinten am Heck aus zwei kurzen
Rohren die Auspuffgase der Petroleummotoren. Starker Petroleumgeruch
erfüllt die Luft, er dringt in alle Räume, haftet an allen Gegenständen und 10
ln den Kleidern und gehört sozusagen zu der persönlichen Note des Untersee¬
bootsfahrers.
„II I" ist klar zur Fahrt. Wir steigen hinab an Deck, und der Kom¬
mandant gibt die Kommandos zum Ablegen. Die Leinen werden losgeworfen,
ein Rnderkommando, dann ein Klingelzeichen vom Maschinentelegraphen im 15
Turm: „II I" setzt sich in Bewegung und steuert mit hoher Fahrt in die Kieler
Bucht hinaus. Draußen empfängt uns Wind und Seegang, Spritzer fegen
über Deck, und ab und zu klatscht eine helle See gegen den Turm, so daß der
Rudersmann, der nur mit dem Kopf aus dem Turmluk heraussieht, sich
schleunigst duckt, um nichts davon abzukriegen. Die beiden Luken an Deck 20
müssen geschlossen werden, und wir klettern auf den Turm; da sitzt es sich
ganz gemütlich, wenn auch nicht eben warm.
Im Fehmarn-Belt soll „II I" die von Osten kommende Flotte angreifen.
Während der längeren Überwasserfahrt dorthin übernimmt der Wachofffzier
die Wache, und wir steigen durch das Turmluk hinab ins Boot. Das dumpfe 25
Poltern der Motoren erfüllt das ganze Bootsinnere, obwohl uns mehrere
Türen vom Maschinenraum trennen. Dort herrscht ein Höllenlärm, so daß
man kaum das eigene Wort versteht und sich durch Zeichen verständigen muß.
Heiß und dunstig ist der Raum, denn die Luken sind des Seeganges wegen
geschlossen. Rechts und links stehen die Motoren, dazwischen in dem schmalen 30
Gang das Bedienungspersonal in schwarzen Lederanzügen; überall heiße Ge¬
sichter und zusammengekniffene Augen; alles ist mit schwarzen Petroleum¬
spritzern bedeckt. Der eigentümliche alkoholische Dunst steigt einem zu Kopf
und setzt sich in der Kehle fest. Dazu schlingert das Boot, so daß man ge¬
zwungen ist, sich festzuhalten. Eine eiserne Gesundheit und viel Willenskraft 35
gehören dazu, diese Strapazen auszuhalten; es werden hier bei der Über¬
wasserfahrt fast ebenso hohe Anforderungen an den Unterseebootsmann ge¬
stellt wie in moralischer Hinsicht bei der Fahrt unter Wasser.
Bei Fehmarn werden unter Land die Motoren abgestellt: im Osten sind
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