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134. Lampe, der Hase.
Hermann Wagner. Entdeckungsreisen in Feld und Flur. Leipzig.
Wenn du am stillen Abend an den Feldern entlang gehst,
so wirst du den schlauen Burschen aus seinem Versteck hervor¬
kommen sehen. Bleibst du dann ruhig stehen, so kannst du ihn
in seinem Tun und Treiben belauschen.
Die ersten Feinde, gegen die sich der Hase zu wehren hat,
sind Wetter und Wind. Das ganze liebe Jahr hindurch hat
er unter freiem Himmel zu biwakieren, hat weder ein Zelt, wie
das Eichhorn, noch kann er sich Höhlen und Schlupflöcher graben,
wie sein glücklicher Vetter, das Kaninchen. Könnte der Hase
fingen, so würde der alte Spruch wohl sein Leiblied werden:
„Im Winter muß man große Kälte ausstahn, und im Sommer
da ist's eine grausige Hitz'!"
Ja, im Winter ist der arme Lampe schlimm genug dran,
und es bleibt ihm manchmal weiter nichts übrig, als sich wie
ein Eskimo in den Schnee einzuwühlen. Wenn's irgend gehen
will, sucht er in der kalten Jahreszeit ein Plätzchen, an dem
die Sonne möglichst warm scheint und der kalte Wind ihn
nicht trifft. Im Frühjahr verliert er zwar den dichteren
Winterpelz und erhält das leichtere Sommerkleid; der Pelzrock
wird in den Hundstagen aber doch noch heiß genug, so daß der
Hase nach Kühlung verlangt. Dann scharrt er sich eine Ver¬
tiefung an einem Nordabhange, so daß er's möglichst kühl im
Sommerlogis hat.
Im Februar oder Anfang Mürz bekommt die Häsin Junge,
eins bis vier an der Zahl.
Das Lagerplätzchen mit den Jungen versteckt sie sogar vor
dem eigenen Vater, denn wenn der alte Herr gerade bei übler
Laune ist, und ihm ein junges Häschen in den Weg kommt,
so erteilt er ihm Ohrfeigen und Bisse, mehr als für das kleine
Ding gut sind. Sein Lager sucht überhaupt jeder Hase so sorgsam
als möglich zu verbergen. Nie läuft er geradeswegs hinein,
wie etwa der Fuchs in seine Höhle, sondern macht in der Nähe
erst einige Kreuz- und Quersprünge und zuletzt einen gewaltigen
Satz nach dem Ruheplätzchen.
Die jungen Häschen können gleich sehen, sowie sie zur
Welt kommen, und machen auch die Augen zeitlebens nicht
völlig zu, selbst nicht beim Schlafen. Das ist auch eine Kunst,
die nicht leicht ein anderer dem Hasen nachtut; er müßte denn