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22 TIr. 7 Gr. 9 Pf. bleibe dem Herrn Major schuldig 91 TIr. 16 Gr.
3 Pf.“ — Kerl, du bist toll!
Just. Ich glaube es gern, daß ich Ihnen weit mehr loste.
Aber es wäre verlorene Tinte, es dazu zu schreiben. Ich kann Ihnen
das nicht bezahlen, und wenn Sie mir vollends die Livree nehmen,
die ich auch noch nicht verdient habe, so wollte ich lieber, Sie hätten
mich in dem Lazarett krepieren lassen.
Tellh. Wofür siehst du mich an? Du bist mir nichts schuldig,
und ich will dich bei einem von meinen Bekannten empfehlen, bei
dem duͤ es besser haben sollst als bei mir.
Just. Ich bin Ihnen nichts schuldig, und doch wollen Sie mich
verstoßen?
Tellh. Weil ich dir nichts schuldig werden will.
Just. Drum? Nur darum? — So gewiß ich Ihnen schuldig
bin, so gewiß Sie mir nichts schuldig werden können, so gewiß sollen
Sie mich nun nicht verstoßen. — Machen Sie, was Sie wollen,
Herr Major; ich bleibe bei Ihnen; ich muß bei Ihnen bleiben.
Tellh. Und deine Hartnäckigkeit, dein Trotz, dein wildes, un—
gestümes Wesen gegen alle, von denen du meinest, daß sie dir nichts
zu sagen haben, deine tückische Schadenfreude, deine Rachsucht —
Just. Machen Sie mich so schlimm, wie Sie wollen; ich will
darum doch nicht schlechter von mir denken als von meinem Hunde!
Vorigen Winter ging ich in der Dämmerung an dem Kanale und
hörte etwas winseln. Ich stieg hinab und griff nach der Stimme
uͤnd glaubte, ein Kind zu retten, und zog einen Pudel aus dem
Wasser. Auch gut, dachte ich. Der Pudel kam mir nach; aber ich
bin kein Liebhaber von Pudeln. Ich jagte ihn fort, umsonst! Ich
prügelte ihn von mir, umsonst! Ich ließ ihn des Rachts nicht in meine
Kammer; er blieb vor der Tür auf der Schwelle. Wo er mir zu
nahe kam, stieß ich ihn mit dem Fuße. Er schrie, sah mich an und
wedelte mit dem Schwanze. Noch hat er keinen Bissen Brot aus
meiner Hand bekommen, und doch bin ich der einzige, dem er hört
und der ihn anrühren darf. Er springt vor mir her und macht mir
seine Künste unbefohlen vor. Es ist ein häßlicher Pudel, aber ein
gar zu guter Hund. Wenn er es länger treibt, so höre ich endlich auf,
den Pudeln gram zu sein.
Tellh. (beiseite). So wie ich ihm! Nein, es gibt keine völligen
Unmenschen! — Just, wir bleiben zusammen.
Lessing in „Minna von Barnhelm“.
91. Bäuerliches Erbrecht.
Bei uns in Hannover hat die regelmäßige Erbfolge des allge⸗
meinen Rechts eine wesentliche Umgestaltung durch die Einwirkung
des bäuerlichen Rechts i. S. des sogenannten Meierrechts erfahren.
Zum vorläufigen Abschluß gelangt ist seine Entwicklung in unserem