Full text: [Theil 6, [Schülerband]] (Theil 6, [Schülerband])

264 
Ihr Muth und ihre Kühnheit, ihre Stärke und Tapferkeit 
hatten ihnen in allen Schlachten den Sieg gegeben. Niemand hatte 
ihre Angriffe auszuhalten vermocht. Sogar die römischen Feldherren, 
welche mit ganz bedeutenden Truppenmaffen nach Gallien geschickt 
worden waren, um die Grenzen des römischen Reiches zu schützen, 
hatten ihre Überlegenheit fühlen müssen und waren mit ihren Heeren 
aufgerieben worden. Vier consularische Heere sollen vergebens die 
alte Unabhängigkeit der römischen Waffen gegen sie geltend zu 
machen versucht haben; alle waren total geschlagen worden. Die 
Flüchtlinge hatten dazu noch eine so gräßliche Schilderung von den 
Barbaren und ihrem Kriegsgeheul, ihren Waffen und ihrer Art zu 
streiten gemacht, daß sich aus den angesehenen Familien Roms nie¬ 
mand mehr getraute, das Vaterland aus dieser Gefahr zu befreien. 
Niemand bewarb sich um das Consulat; darum wählte das Volk 
den C. Marius, als er nach Beendigung des jugurthinischen Kriegs 
noch in Afrika weilte, sogar in seiner Abwesenheit zum Consul. 
Marius begab sich unverzüglich nach Gallien und suchte vor 
allen Dingen seine Soldaten an Zucht und Ordnung, an Übungen 
und Strapazen zu gewöhnen. In der Nähe der Rhone bezog er 
ein befestigtes Lager und harrte der Feinde, welche noch Gallien und 
sogar das entfernte Spanien durchzogen. Auch das zweite Consulat 
des Marius ging zu Ende; er aber bekam diese Würde zum dritten 
und vierten Male hinter einander, da man nur in ihm den Retter 
Roms sah. 
Inzwischen näherten sich die Feinde dem römischen Lager. 
Marius hielt sich lange ruhig in seinem Lager, um seine Krieger 
erst an den Anblick der Fremden und an den Ton ihrer Stimmen 
zu gewöhnen. So oft er eine günstige Gelegenheit ersah, daß ein 
kleiner Haufe, der Feinde sich nahte, so überfiel er denselben mit 
Gewalt und Übermacht und lehrte die Seinigen im Kleinen siegen. 
Die streitlustigen Barbaren kamen dann in größeren Haufen wieder 
und höhnten die Römer, daß sie jetzt nicht zum Kampfe hervortreten 
wollten; aber Marius ließ sich nicht irre machen und hielt die 
Seinigen zurück. 
Die Feinde hatten sich in zwei Haufen getheilt; die Cimbern 
waren längs der Rhone hingezogen, die Teutonen aber in der Nähe 
des Marius geblieben. Als diese endlich merkten, daß er ihre Her¬ 
ausforderungen zur Schlacht nicht annahm, brachen alle auf und 
zogen an seinem Lager vorbei des Weges nach Italien hin und 
riefen den Römern spöttisch zu, ob sie etwas an ihre Weiber in 
Rom zu bestellen hätten. Ihre Masse soll so bedeutend gewesen 
sein, daß sie sechs Tage lang ununterbrochen am römischen Lager 
vorbeizogen. Marius folgte ihnen nach, hielt sich aber immer auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.