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Unter der Erde
10. Und unsre Stunde war vorbei;
Die letzten dumpfen Schüsse dröhnten.
Halbtot, ohnmächtig lagen drei,
Wir andern warteten und stöhnten.
Es herrschte Stille ringsumher,
Die Schwaden qualmten, dick und schwer,
Als ob sie giftig uns verhöhnten.
11. So lagen wir und fühlten fast
Den stummen Fürsten aller Toten.
Die Millionenzentnerlast
Des Berges drückte uns zu Boden;
Und noch schlug die erschöpfte Hand
Hart an die regungslose Wand
Der Felsen, die Vernichtung drohten.
12. Da plötzlich bebte durchs Gestein,
Fern, kaum vernehmbar leis, ein Klingen.
„Bei Gott, es klopft!" — „Nein!" — „Ja!" —
„Doch!" — „Nein!"
Mir schlug das Herz, als wollt' es springen.
's ist wieder still. Jetzt hört man's kaum:
Jetzt wieder, wie im Fiebertraum
Dem Kranken oft die Ohren singen.
13. Wir drücken an die Felsenwand
Den Kopf in atemlosem Lauschen.
Es knirscht, es knistert. Wo ich stand,
Hört' man ein fernes, fernes Rauschen
Wie bröckelnder Gesteine Fall.
Und jetzt — bei Gott, das war ein Knall! —
Nun möcht' ich nicht mit Fürsten tauschen.
14. Frisch setzt die Bohrer wieder an!
Was kümmert jetzt uns das Ersticken?
Und stirbt beim nächsten Schuß ein Mann,
Er stirbt im siegenden Entzücken.
Der letzte Schuß! — Hei, wie er kracht!
In Freudenflammen steht der Schacht;
Wir wußten ja, es mußte glücken.