Full text: [Band 3 und 4, [Schülerband]] (Band 3 und 4, [Schülerband])

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Und bitte nicht nm mein Leben; 
Doch willst du Gnade mir geben, 
Ich flehe dich um drei Tage Zeit, 
Bis ich die Schwester dem Gatten 
gefreit; 
Ich lasse den Freund dir als Bürgen, 
Ihn magst du, entrinn’ ich, er¬ 
würgen.“ 
3. Da lächelt der König mit 
arger List 
Und spricht nach kurzem Bedenken: 
„Drei Tage will ich dir schenken; 
Doch wisse, wenn sie verstrichen, 
die Frist, 
Eh’ du zurück mir gegeben bist, 
So muß er statt deiner erblassen, 
Doch dir ist die Strafe erlassen.“ — 
4. Und er kommt zum Freunde: 
„Der König gebeut, 
Daß ich am Kreuz mit dem Leben 
Bezahle das frevelnde Streben; 
Doch will er mir gönnen drei Tage 
Zeit, 
Bis ich die Schwester dem Gatten 
gefreit. 
So bleib du dem König zum Pfande, 
Bis ich komme zu lösen die Bande! ‘ ‘ 
5. Und schweigend umarmt ihn 
der treue Freund 
Und liefert sich aus dem Tyrannen ; 
Der andere ziehet von dannen. 
Und ehe das dritteMorgenrot scheint, 
Hat er schnell mit dem Gatten die 
Schwester vereint, 
Eilt heim mit sorgender Seele, 
Damit er die Frist nicht verfehle. 
6. Da gießt unendlicher Regen 
herab, 
Von den Bergen stürzen die Quellen 
Und die Bäche, die Ströme schwellen. 
Underkommtans Ufer mit wandern¬ 
dem Stab, 
Da reißet die Brücke der Strudel 
hinab 
Und donnernd sprengen die Wogen 
Des Gewölbes krachenden Bogen. 
7. Und trostlos irrt er an Ufers 
Rand; 
Wie weit er auch spähet und blicket 
Und die Stimme, die rufende, 
schicket, 
Da stößet kein Nachen vom sichern 
Strand, 
Der ihn setze an das gewünschte 
Land, 
Kein Schiffer lenket die Fähre 
Und der wilde Strom wird zum 
Meere. 
8. Da sinkt er ans Ufer und 
weint und fleht, 
Die Hände zum Zeus erhoben: 
„0 hemme des Stromes Toben! 
Es eilen die Stunden, im Mittag steht 
Die Sonne, und wenn sie niedergeht 
Und ich kann die Stadt nicht er¬ 
reichen, 
So muß der Freund mir erbleichen.“ 
9. Doch wachsend erneut sich 
des Stromes Wut 
Und Welle auf Welle zerrinnet 
Und Stunde an Stunde entrinnet. 
Da treibt ihn die Angst, da faßt 
er sich Mut 
Und wirft sich hinein in die 
brausende Flut 
Und teilt mit gewaltigen Armen 
Den Strom und ein Gott hat Er¬ 
barmen. 
10. Und gewinnt das Ufer und 
eilet fort 
Und danket dem rettenden Gotte; 
Da stürzet die raubende Rotte 
Hervor aus des Waldes nächtlichem 
Ort, 
Den Pfad ihm sperrend, und 
schnaubet Mord 
Und hemmet des Wanderers Eile 
Mit drohend geschwungener Keule.
	        
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