Full text: Geschichte des deutschen Volkes

Das römische Kaiserreich i. Croberungskampfe gegen ö. Stämme ö. Germanen. §§ 11—12. 13 
und alle die römischen Erpressungskünste, wie er sie vordem in der Provinz 
Syrien geübt hatte, rücksichtslos in Anwendung brachte, da schwoll unter 
dem Druck langsam aber furchtbar der deutsche Zorn und Freiheitstrutz, 
und in Arminius, Segimers Sohn, einem jungen Cheruskerfürsten, er- 
stand dem Volk ein Rächer. Er war ein fünfundzwanzigjähriger Jüngling 
von edlem Geschlecht, tapferer Hand und schnellem Geist. Im römischen 
Dienst hatte er römische Kriegskunst und List erlernt. Er war's, der die 
norddeutschen Stämme, die Brukterer, Marser, Angrivarier, 
Chatten, vor allem aber seine Cherusker zur Empörung trieb. Auch 
Marobod ward aufgefordert, blieb aber, obwohl selbst noch kurz zuvor be- 
droht, dem Bunde fern. Varus stand indessen ruhig in seinem Sommer- 
toger an der Weser und verachtete die Warnung des Cheruskerfürsten 
Segestes, der aus Haß gegen Arminius zum Verräter ward. Als die Eid- 
genossenschast gebildet war, empörte sich der Verabredung gemäß zuerst ein 
kleiner abseitswohnender Stamm. Die gute Jahreszeit war vorüber und 
Varus gerade im Begriff, die Legionen in das Winterlager zurückzuführen. 
Auf einem Umweg wollte er dabei die Aufständischen unterwerfen, und so 
sicher war er seiner Sache, daß er sich von Arminius mit deutschen Hilfs- 
truppen begleiten ließ. Aber plötzlich umringte ihn das gesamte Aufgebot 
der verschworenen Völkerschaften. Zwei Tage widerstanden die Römer, 
auf fast ungangbaren Waldwegen westwärts der Burg Aliso zurückend, dem 
Schlachtengrimm der anstürmenden Germanen, dem strömenden Regen, dem 
brausenden Sturm. Noch schlugen sie am ersten Abend ihr Lager nach den 
Regeln ihrer Kriegskunst auf, am zweiten begnügten sie sich dabei mit den 
allernotwendigsten Maßregeln; am dritten Tage unterlagen sie, drei stolze 
Legionen Roms, in der Schlacht im Teutoburger Walde*) (9 n. Chr.). 
Ihre Adler gingen verloren, Varus selbst stürzte sich in sein Schwert. 
Gegen die Gefangenen wütete die Rache der Sieger. Der greise Augustus 
und mit ihm Rom zitterten vor einem möglichen Angriff der Germanen; 
doch begnügten sich diese damit, daß sie frei waren. 
§ 12. Um die germanischen Lande von der drückenden Herrschaft der 
Römer zu befreien, hatten sich die verschiedenen Stämme unter den Befehl des 
kühnen Arminius gestellt, aber der Bund lockerte sich, sobald die nächste 
Aufgabe gelöst war. Nicht einmal im Cheruskerlande vermochte Arminius 
unangefochten seine Stellung als Hanpt des Volkes zu bewahren, und es 
wäre Vermessenheit gewesen, auf eine Verbindung der germanischen Stämme 
zum Angriffskriege gegen Rom zu hoffen, zumal Marobod, damals noch 
immer Germaniens mächtigster Fürst, nur mit Neid auf den Ruhm des Arminius 
sah. So hemmte Uneinigkeit die Kraft der Deutschen, und Germanicus, 
der Sohn des Drusus, konnte es unternehmen, die römische Waffenehre gegen sie 
wiederherzustellen. Noch im Jahre 14 n. Chr., nach Bewältigung eines furcht- 
baren Soldatenaufstandes, der bei der Kunde vom Tode des Augustus und 
dem Regierungsantritt des Tiberius (14—37) unter den rheinischen Legionen 
ausgebrochen war, drang er ins Land der Marser ein; die wehrlos bei einem 
Festschmaus Überfallenen wurden niedergehauen und ihr Heiligtum zerstört. 
Dann griff Germanicus (15n.Chr.) die Chatten und Cherusker an, erreichte 
die Walstatt der Varusschlacht und bestattete die bis dahin unbegrabenen 
Gebeine seiner Landsleute. Die Gattin des Arminius selbst, Thusnelda, 
*) Der Ort der Schlacht hat sich trotz aller Mühe nicht mit Sicherheit nachweisen lassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.