kommen war und von der Himmelsluft sprach, die das verstorbene
Kindlein jetzt atme. Dann fing er an, sie auf die Pflichten hinzuweisen,
die sie als Gattin und Mutter denen gegenüber habe, die ihr geblieben
seien.
„Io, Herr Pastor, Se hebbn wull recht, awers ik kann, ik kann,
ik kann ja nrch!"
Das war ihre einzige Erwiderung.
Sie konnte nicht aussprechen, was sie empfand. Es war ein so
trostloses Gefühl von Schwäche in ihr, gerade als ob ihre eiserne Willens¬
kraft mit dem Leben des Kindes erloschen sei. Ihr Mann und ihr
Fiele und das ganze kleine Hauswesen — alles sah sie so leer und tot
und öde an, was noch vor wenigen Monaten ihr ganzer, glücklicher
Lebensinhalt gewesen.
Und nun hatten sie ihren Ernst ganz fortgetragen!
Fiele saß in seinem durchlöcherten Anzug aus einem niedrigen Holz¬
schemel und zerschnippelte rohe Kartoffeln mit einem abgebrochenen
Küchenmesser. Es sah unordentlich aus in der Stube. Das Bett schlecht
aufgeschüttelt, die Fensterscheiben fast undurchsichtig. Spinnengewebe
hingen von der Decke, und auf der runden Kommodenklappe lag so
dicker Staub, daß er die roten Masern des Föhrenholzes ganz verdeckte.
Die Tassen oben auf der Platte mit ihren Widmungsinschriften „Der
guten Mutter", „Dem artigen Kinde" standen verkehrt auf ihren Unter¬
sätzen. Eine brütende Henne aus blauem Glas, einst Linens ganzer
Stolz, stand hart an der Kante und konnte jeden Augenblick das Gleich¬
gewicht verlieren und auf der Steindiele zerschmettern. Fiete hatte
wohl einmal daran hemmgeschoben. Die alte Wanduhr in dem hohen,
schmalen Holzschranke stand still. Schon seit Monaten war der Zeiger
auf dem mit weißen und roten Rosen bemalten Zifferblatt nicht weiter¬
gerückt. Es war immer Lines Arbeit gewesen, sie aufzuziehen. Ihr
Mann hatte seine Taschenuhr und dachte nicht daran.
Gegen abend kam Iensen erst vom Begräbnis zurück. Eigentlich
hatte er gehofft, eher wieder da sein zu können. Aber der Totengräber
war nicht zur Stelle gewesen, und nachher hatte auch der Pastor auf
sich warten lassen.
Gerade heute war es Peter doppelt schwer geworden, Line sich
selbst und ihrem Schmerze überlassen zu müssen. Es überraschte ihn
nicht, sie noch immer in ihrer verzweiflungsvollen Stellung zu finden.
„Nu kam man up, Line! Kiek, du büst ja sünst so ruhi und ver-