Full text: [Band 4 = 4. Klasse, [Schülerband]] (Band 4 = 4. Klasse, [Schülerband])

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Im Freiheitskampfe gegen die Römer 
4. Im Freiheitskampfe gegen die Römer. 
In Germanien herrsche Ruhe, sagten die Römer und schon 
glaubten sie auch das überrheinische Land als Provinz einrichten 
zu können. Neben den römischen Lagern und Burgen entstanden 
Märkte und bildeten sich Ortschaften; Kolonisten bauten sich dort 
an, römische Sitte und Lebensweise wurde den Germanen ver¬ 
trauter, und in Hellen Haufen eilte die Jugend des Landes her¬ 
bei, um unter den römischen Feldzeichen ihren Kriegsmut zu 
stillen. 
Aber, ob es die Römer glaubten, Germanien war noch nicht 
unterworfen. Je williger sich die nördlichen Stämme zu fügen 
schienen, desto trotziger wurde Marbods Sprache, der sich schon 
mächtig genug dünkte, um der Gunst der Römer entbehren, ihnen 
kühn die Spitze bieten zu können. Und furchtbarer schien er in 
seinem Äbermut Rom, als einst Pyrrhus oder Antiochus der ewi¬ 
gen Stadt gewesen war. Man mußte ihn mit den Waffen zu 
bändigen suchen. Mit zwölf Legionen drang Tiberius im Jahre 6 
von der Donau her gegen ihn vor, und nur fünf Tagemärsche 
war er von den Vorposten der Feinde entfernt, als sich plötzlich 
ganz Pannonien und Dalmatien gegen die Römer erhob. Von 
der Not überwältigt, mußte Tiberius mit Marbod Frieden schlie¬ 
ßen, der sich unbesiegt als ein freier Fürst behauptete. 
Jetzt regte sich der Freiheitssinn auch bei jenen Völkern im 
Norden aufs neue, die Rom schon für völlig überwunden hielt. 
Ouinctilius Varus war in diese Gegenden als Statthalter ge¬ 
sandt worden; er sollte römisches Gerichtswesen und römische 
Besteuerung unter den Germanen einführen, wo bis dahin der 
freie Mann an niemand Steuern gezahlt und kein anderes Ge¬ 
richt als das der Gemeinden gekannt hatte. Mit den Stecken¬ 
bündeln seiner Liktoren, von römischen Juristen und Schreibern 
umgeben, zog Varus in das Land und schlug an der Lippe und 
Weser seinen Richterstuhl auf. Anfangs wagte kein Stamm ihm 
den Gehorsam zu verweigern, — aber mit welcher Erbitterung 
mußte es der deutsche Mann sehen, daß ein fremder Gewalthaber 
nach einem Recht, das er nicht verstand, über ihn richtete, daß er 
selbst für leichte Vergehen die knechtische Strafe körperlicher Züch¬ 
tigung erlitt, daß über Leben und Tod der Machtspruch eines
	        
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