Marokko
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fast vierstündigem, scharfem Ritte, währenddessen wir eine größere
Anzahl, teils natürlicher flacher Bachbetten, teils von Menschen¬
hand angelegter Bewässerungsgräben überschritten hatten, ge¬
langten wir an einen in die Ebene eingesenkten Taleinschnitt.
Ausgedehnte Geröllbänke umgaben ihn, auf denen sich die in
voller Blüte prangenden Oleandersttäuche zu schattigen Gebüschen
gruppieren, während die steilen Uferhänge, welche aus Geröll
und Kies der Gesteine des Atlas bestehen, hier und da kleine
Partien von Iggbäumen auf der Höhe wahrnehmen lassen. In
dem Schatten eines solchen kleinen Haines hält die Mehrzahl
unseres Gefolges Rast, während einer unserer Beschützer vor¬
ausreitet, unsere nahe Ankunft in der Hauptstadt beim Gou¬
verneur zu melden und während wir selbst erst eine Ansicht der
nördlichen Gebirgsgruppe aufnehmen. Die Bergriesen des Atlas
schimmern leider nur undeutlich durch die Dünste. Fast vier
Stunden reiten wir dann weiter durch die fruchtbare Ebene, in
mehr nördlicher Richtung als bisher dem gewaltig aufragenden
Turm der Kutubia und der anmutigen, grünen, waldähnlichen
Blättermasse entgegen, die unserem Blicke die Häuser Marokkos
verbirgt. Wohl haben wir bisher keineswegs eine baumlose Wüste
passiert, aber ein angenehmes Gefühl ist es doch, eine zusammen¬
hängende, stundenlang ausgedehnte grüne Baummasse zu erblicken
und einer Stadt, unserem nächsten Ziele, zuzueilen. Beim Näher¬
kommen tritt immer deutlicher hervor, daß das schöne Grün haupt¬
sächlich von Palmen herrührt, die einen wahren Wald um die
Stadt bilden, der sich namentlich nach Südosten und Nordwesten
viel weiter fortzieht als die Stadt selbst, deren Ausdehnung eine
sehr bedeutende ist. Der Boden der Ebene steigt merkbar auf.
Endlich um 3 Uhr 50 Minuten sind wir an einer kleinen
Brücke über ein unbedeutendes Bächlein angelangt und über
uns wölben die Palmen ihre Kronen. Unser vorausgeeilter Mok-
hasni wartet hier auf uns und mit ihm ein Unteroffizier der Stadt,
der uns wenigstens zehnmal zuruft: „Willkommen seid ihr dem
Pascha!", der uns mit freudigem Antlitz die Hände schüttelt und
uns sagt, wie sehr er sich freue, daß ihm die Ehre geworden,
uns, des Sultans und des Paschas hochwillkommenen Gästen,
.den ersten Gruß an den Toren der Stadt zu bringen. Be-