Full text: [Band 5 = 5. Klasse, [Schülerband]] (Band 5 = 5. Klasse, [Schülerband])

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Der Dorfschmied 
fuhr aus der kräftigen Rechten auf den dröhnenden Amboß. Ein 
herzstählendes Bild! Ein Bismarck auf dem Dorfe! Groß und 
breit stand er, mit hoher, kahler Stirn, das männliche Antlitz durch 
buschige Brauen und einen kurzen Schnurrbart verfinstert. Den 
Hals nackt, die Hemdärmel bis unter die Schultern zurückgestülpt, 
das Schurzfell umgehängt — so steht er heute noch vor meiner 
Seele: ein Mann, der seine Pflicht tut! 
Ich hatte unterwegs viel Trübes zusammengesonnen. Wenn 
man sich in einer unsteten, dem greifbaren Besitz und Genuß mit 
Abereifer zugewandten Zeit um so mehr vertrutzt in sein nicht 
minder wirkliches Innenland des Idealismus — und wenn man 
dann Vergleiche zieht mit der unsteten und unstolzen Umwelt — 
welche Kämpfe! Wo ist Deutschland? Wo ist liebherziger, warm¬ 
inniger und doch vornehmer deutscher Geist? Wo Charakterkraft, 
goldhelle Lauterkeit, herzerfreuende Geradheit und Ehrlichkeit ge¬ 
sunder Zeiten? — Das waren die Kümmernisse, die gleich Sommer¬ 
mücken den ganzen wunderlinden Abend, das ganze lenzgrüne 
Waldtal herab mein unschön Geleite bildeten. Mir war das 
Herz zum Zerspringen voll. 
Da traf ich zu guter Stunde diesen Dorfschmied. Hallo, sieh 
an! rief's in mir, das wird ja wie zu des Landgrafen Hermann 
Zeit! Auch damals lag weichliche, liederliche Zeit über unserem 
Vaterlande und der Landgraf von Thüringen war ein Knabe. 
Da stand der Waldschmied von Ruhla an seinem Amboß und 
bei jedem Hammerschlag, der herniedertönte, rief er: „Landgraf, 
werde hart!" Der verirrte Landgraf hörte den Ruf, merkte sich 
die tüchtige Lehre, stäubte das Raubgesindel aus dem Lande 
und führte Zucht und Ordnung in seine verlotterten Gaue zurück. 
„Grüß Gott, Meister Schmied!" rief ich frohgemut, „noch 
so spät an der Arbeit?" 
Mein Mann sah auf, brummte einen „Guten Abend" und 
fuhr dann gleichmütig fort aus seinem roten Eisen Funken her¬ 
auszuhämmern. 
Der macht nicht viel Worte, dachte ich und setzte mich auf 
einen leeren Amboß. Einem Schmied mag ich gern zuschauen. 
Es ist ein urdeutsches, kräftiges Handwerk, das Schmiedehandwerk. 
War's nicht in einem Zweige meiner Familie Erbsitte, daß der
	        
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