Metadata: Bilder-Atlas zur Geographie von Europa

I. Die Alpen. 
X* Allgemeiner Überblick. Entstehung öer Älxen. 
Vom Golfe von Biscaya bis zu den fernen Bergzügen, mit denen das südostastatische 
Hochland an die Randmeere des Stillen Ozeans reicht, zieht in der Richtung der Breitengrade 
eine lange Folge gewaltiger Erhebungen hin, die gleich einem Riesengürtel den Doppelkon- 
tinent Asien-Europa umschlingt. Nicht die höchste, auch nicht die räumlich ausgedehnteste, wohl 
aber die für Europa bedeutsamste dieser Bodenanschwellungen sind die Alpen. Sie teilen den 
Erdteil, wie Ritter sagt, in seine großen natürlichen Provinzen. Sie scheiden seinen lufthimmel, 
seine großen Rlimate in einen Norden und Süden, Westen und Osten: Deutschland, Italien, 
Frankreich und Ungarn. Sie scheiden seine Stromgebiete und Stufenländer: Rhone-, Rhein-, 
Po- und Donaugebiet. Sie scheiden ebenso seine Hauptmassen der Stämme, die Sprachen der 
Völker, der Staaten und politischen Reiche. Auch der Fauna und Flora von Europa setzen sie 
ihre natürlichen Grenzen. Aber diese Scheidung ist keine absolute Trennung und Vereinzelung, 
weder des Südens vom Norden, noch des Westens vom Osten. Denn überall führen, teils zu 
den Seiten, teils mitten hindurch Stromthäler, Thalschluchten, Pässe und die verschiedensten 
Arten natürlicher und künstlicher Rommunikationen. Das imposante System des Alpengebirges 
ist also dennoch kein isolierender Naturtypus für seinen Erdteil geworden, es ist kein wildes, 
öde aufstarrendes, unwirtliches, kaltes Polarland in der Mitte der gemäßigten Zone, wie die 
hohe Wüste Gobi auf dem Plateau der Mongolei, nein, es erscheint vielmehr als ein im 
Verhältnisse zum Rontinente sehr breiter Gürtel voll der größten Naturschönheiten, voll isolier- 
ter Gipfel, durch Einsenkungen verbundener, reich bewässerter und sruchtbarer Thäler. Dieser 
Gebirgsgürtel wird an Schönheit, Fülle und Mannigfaltigkeit der Naturgaben, zumal an Be- 
wohnbarkeit und Rulturfähigkeit für veredeltere Menschengeschlechter von keinem anderen der 
Erde übertroffen. Das Alpenland schließt in seinem Inneren mehrere Millionen Menschen ein, 
die sich zu selbständigen Völkerschaften und Staatensystemen ausgebildet haben. Sein Inneres 
gehört daher in Bezug auf Menschengeschichte recht eigentlich dem klassischen Boden der euro- 
päischen Historie an. Über ihn sind alle Gaben reichlich verteilt, die für die höhere Entwicke- 
luug der Völker ein Bedürfnis sind. 
Aber nicht bloß die Natur- und Aulturgeographie der Alpen, auch ihr durch alle Zeitalter 
der Erdgeschichte fortgehender Werdeprozeß ist eines der interessantesten Blätter im Buche der 
Natur. Die ungeheuren Zusammenschiebungen und Aufstauungen der sesten Erdkruste, die wir 
Alpen nennen, sie sind nichts anderes als Falten im Antlitze der alternden Mutter Erde. Mit der 
stetigen Abnahme der Wärme zieht sich die Erde fortwährend zusammen. Leicht folgt der heiß- 
flüsstge Erdkern diesem Zuge, schwerer und langsamer aber die an seiner Oberfläche bereits er- 
starrte Erdrinde. Indem der sich zusammenziehende Erdkern nun zurückweicht, verliert die 
Erdrinde ihre Stütze, und es entstehen Hohlräume, in die allmählich ausgedehnte Stücke der 
Erdrinde, Schollen, hinabsinken. Diese erscheinen uns heute als Meere und Landbecken. Bei 
jenem Vorgange werden die benachbarten Teile der Erdrinde nach Art eines Keiles ausein¬ 
ander getrieben. Da nun die festen Bestandteile der Erde, gewissermaßen der Mantel, der
	        
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