Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

I. HrZähkmgen 
Des Vaters Legen bauet den Rindern Däuser. 
Gotthilf Heinrich von Schubert. Erzählende Schriften. 2. Band. Erlangen. 
Konrad Balding war der Sohn eines frommen Predigers in einer 
kleinen Stadt in Hessen. Er hatte sehr frühe Vater und Mutter ver¬ 
loren; ein Onkel nahm den armen Waisen in fein Haus und seine 
Pflege. Der Knabe zeigte viele Anlage, seine Lehrer ermunterten ihn 
zum Stildium; der Onkel, so unvermögend er selber war, stimmte im 
Vertrauen auf Gottes Durchhilfe in den Wunsch der Lehrer eilt, uild 
so trat Konrad mit dem lebendigsten Eifer den Weg der wissenschaft¬ 
lichen Bildung an, der ganz feinem Verlängert entsprach. Die ge¬ 
wöhnlichen Schulstudien waren vollendet; Konrad sonnte mit Ehren 
zur Universität entlassen werden. Auch hier wurde der bescheidene, 
fleißige Jüngling bald einem wohlwollenden Lehrer bekannt, der ihm 
sein Durchkommen aufs möglichste erleichterte. Aber eben dieser freund¬ 
liche Mann erhielt einen Ruf all eine andere Universität und folgte 
ihm; Konrad stand wieder allein mit seineil kaum zur täglicheil Not¬ 
durft ausreichenden Mitteln. 
Und selbst diese armen Mittel sollten ihm jetzt genommen werden. 
Der Onkel, der sich und die Seinen durch einen kleinen Handel 
redlich, aber zugleich mühsam ernährt hatte, starb plötzlich; sein sehr 
geringer Nachlaß gehörte den unmündigen Kindern; für den arnlell 
Konrad war nichts geblieben als etliche Goldstücke 'und alte Silber¬ 
münzen, die der Onkel an Weihnachten und am Geburtstage für 
seinen Neffen zurückgelegt hatte. Er hatte nicht versäumt, auf das 
Papier, in das die Münzen eingewickelt waren, den Namen des 
Eigentümers zil schreiben. Diese ganze Erbschaft betrug an Wert nicht 
ganz 42 Gulden; dies war alles, was denl Jüngling zur Vollendung 
seiner Studien geblieben war. Die Tränen aber, die er am Sarge 
seines guten Oheims weinte, waren nicht Tränen der Sorge, sondern 
der dankbaren Liebe und kindlichen Treue gegen den teuern, väter¬ 
lichen Freund. Er war sogar willens, jene kleine Sparkasse den 
Kindern seines Onkels dazulassen; ihr Vormund aber riet ihm, er solle 
das Geld als eine Anleihe behalten, und wenn Gott ihm, woran ja 
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