Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

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I. Erzählungen. 
Fernrohr von der Richtigkeit der Beobachtung überzeugte und den 
Kurs sofort auf den weißen Punkt richtete. Zu großer Überraschung 
aller entwickelte sich dann aus diesem Punkte das den Seeleuten wohl¬ 
bekannte Boot des Passagierdampfers, und schon aus weiter Ferne 
erkannte man Herrn Newall an seinem charakteristischen langen, weißen 
Barte. 
Inzwischen hatte sich das Leben auf dem Korallenfelsen in er¬ 
warteter Weise weitergesponnen. Von neun Uhr morgens bis vier 
Uhr nachmittags mußten wir ruhig unter den Zeltdächern liegen, um 
der Sonnenglut besser widerstehen zu können und das Bedürfnis nach 
Getränken nicht zu sehr zu wecken. Darauf wurde gekocht und, so gut 
es anging, gespeist, wobei in den ersten Tagen jeder eine kleine Flasche 
puls als bekam, da das Wasser für Frauen und Kinder aufbewahrt 
wurde. Den Wein, der auch vorhanden war, konnte niemand ver¬ 
tragen; er erhitzte das Blut derartig, daß diejenigen erkrankten, die 
es versuchten, ihn zu trinken. Die ersten beiden Tage ging alles so 
leidlich, dann aber begann eine große Abspannung und verzweifelte 
Stimmung Platz §n greifen. Treue, alte Diener verweigerten kleine 
Dienstleistungen, wenn ihnen auch Goldstücke dafür geboten wurden. 
Selbst die Schafe und Hunde, die man ans Land gebracht hatte, ver¬ 
loren allen Lebensmut. Sie drängten sich mit unwiderstehlicher Ge¬ 
walt unter die Zeltdächer und ließen sich lieber töten als den un¬ 
barmherzigen Sonnenstrahlen wieder preisgeben. Nur die Schweine 
übertrafen an Ausdauer selbst den Menschen; sie umkreisten unaus¬ 
gesetzt suchend die Insel, bis sie im Kampfe um ihr Dasein tot zu 
Boden ftelen. 
Am dritten Tage gelang es einer kleinen Zahl von uns, die noch 
so viel Kraft und Selbstüberwindung besaßen, um bei niedrigem 
Sonnenstände Arbeiten auszuführen, die äußere Schiffswand zu durch¬ 
brechen und sich den Eingang in die Eiskammer des Schiffes zu er¬ 
öffnen. Es fand sich in ihr freilich kein Eis nrehr vor, aber noch eine 
mäßige Quantität kalten Wassers. Das wurde ebenfalls den zahl¬ 
reichen Frauen und Kindern aufbewahrt, doch erhielt jeder Mitarbeiter 
als Lohn ein Glas frisches, kühles Wasser. Noch nach vielen Jahren 
habe ich mich dieses erquickenden Trunkes bei quälendem Durst und 
trockenem Gaumen oft dankbar erinnert. 
Als auch der vierte Tag ohne Aussicht auf Erlösung verging, be¬ 
mächtigte sich selbst der Mutigsten dumpfe Verzweiflung. Ein Dampfschiff, 
dessen Rauch wir in weiter Ferne erblickt hatten, war vorübergefahren, 
ohne uns zu entdecken. Am folgenden Morgen hieß es wieder „Dampf¬ 
schiff in Sicht!" aber der Ruf erweckte diesmal nur schwache Hoffnung. 
Doch der Rauch kam näher, und die schon schlummernden Lebensgeister
	        
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