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Wie Liebe mit Leide am Ende gerne lohnt;
Ich will sie meiden beide, so bleib ich sicher verschont."
18. Chriemhild in ihrem Mute hielt sich von Minne frei.
So lief noch der guten manch lieber Tag vorbei,
Daß sie niemand wußte, der ihr gefiel zum Mann,
Bis sie doch mit Ehren einen werten Recken gewann.
19. Das war derselbe Falke, den jener Traum ihr bot.
Den ihr beschied die Mutter. Ob seinem frühen Tod
Den nächsten Anverwandten, wie gab sie blut'gen Lohn!
Durch dieses Einen Sterben starb noch mancher Mutter Sohn.
Wie Siegfried nach Worms Kam.
1. §)a wuchs im Niederlande eines edeln Königs Kind,
Siegmund hieß sein Vater, die Mutter Siegelind,
In einer mächtigen Feste, weithin wohlbekannt.
Unten am Rheine; Wanten war sie genannt.
2. Ich sag euch von dem Degen, wie so schön er ward.
Er war von allen Schanden immer wohl bewahrt.
Stark und hohen Namens ward bald der kühne Mann!
Hei! was er großer Ehren auf dieser Erde gewann! :
3. Siegfried war geheißen der schnelle Degen gut.
Er erprobte viel der Recken in hochbeherztein Mut.
Seine Stärke führt' ihn in manches fremde Land:
Hei! was er schneller Degen bei den Burgundern fand!
4. In seinen besten Zeiten, bei seinen jungen Tagen
Mochte man viel Wunder von Siegfrieden sagen,
Wie Ehr' an ihm erblühte und wie schön er war zu schau'u:
Drum dachten sein in Minne viel der weidlichen Frau'n.
5. Mair erzog ihn mit dem Fleiße, wie ihm geziemend war;
Was ihm Zucht und Sitte der eig'ne Sinn gebar!
Das ward noch eine Zierde für seines Vaters Land,
Daß man zu allen Dingen ihn so recht herrlich befand.
6. Selten ohne Hüter man reiten ließ das Kind.
Mit Kleidern hieß ihn zieren seine Mutter Siegelind;
Auch pflegten sein die Weisen, denen Ehre war bekannt:
Drum möcht' er wohl gewinnen so die Leute.wie das Land.
7. Da ließ sein Vater Siegmund kund thun seinem Leh'n,
Mit lieben Freunden woll' er ein Hofgelag begeh'n.