Full text: [Teil 5 = Untertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Untertertia, [Schülerband])

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I. Erzählungen, Beschreibungen, Märchen u. s. w. 
Tanz wieder hineinzuschlüpfen, ja ein blendend weißes Wieselchen wird 
für einen Augenblick sichtbar, das kluge Köpfchen samt den Vorderpfoten 
spähend und schnuppernd in die Höhe hebend, und der einzige Sonnen¬ 
strahl, der burd) irgend eine verstohlene Spalte dringt, ist einein Gold¬ 
faden so vollkommen ähnlich, daß man ihn gleich um den Finger wickeln 
möchte. 
Von einem Keller weiß die Hütte nichts, wohl aber das Bürgerhaus, 
wenn auch nicht des Weines, so doch der Kartoffeln und der Rüben 
wegen, die der Ärmere im Freien unter einem tüchtigen Erdhaufen birgt, 
den er im Herbst auswirft und im Winter bei starkem Frost noch vor¬ 
sichtig mit Stroh oder Mist bedeckt. In den Keller zu kommen, will nun 
noch viel mehr heißen, als auf den Boden zu gelangen; wo aber wäre 
das Kind, das nicht auch dieses Gelüst aus die eine oder andere Weise 
zu befriedigen wüßte. Es kann ja zum Nachbar gehen und sich schmeichelnd 
an die Schürze der Magd hängen, wenn sie gerade etwas heraufholen 
soll, es kann sogar den Augenblick erlauern, wo aus Versehen die Tür- 
offen blieb, und sich auf eigene Faust hinunterwagen. Das ist freilich 
gefährlich, denn die Türe kann plötzlich zugeschlagen werden, und die 
sechzehnfüßigen Kanker, die in ekelhaftester Mißgestalt an den Wänden 
herumkriechen, sowie das durchsickernde grünliche Wasser, das sich in den 
hier und da absichtlich gelassenen Vertiefungen sammelt, laden nicht zum 
langen Verweilen ein. Aber was tut's, man hat die Kehle ja bei sich, 
und wer ordentlich schreit, der wird zuletzt gehört! 
Macht nun schon das Haus unter allen Umständen einen solchen 
Eindruck auf das Kind, wie muß ihm erst der Ort vorkommen, darin es 
geboren wurde! Es tritt, wenn es zum ersten Male von der Mutter oder 
vom Vater mitgenommen wird, den Gang durch den Straßenknäuel gewiß 
nicht ohne Staunen an, es kehrt noch weniger ohne Schwindel von ihm 
zurück. Ja, es bringt von vielen Gegenständen vielleicht ewige Bilder 
mit heim, ewig in dem Sinn, daß sie sich im Fortgang des Lebens eher 
unmerklich bis ins Unendliche erweitern, als sich jemals wieder zerschlagen 
lassen; denn die ersten, ursprünglichen Abdrücke der Dinge sind unzer- 
störbar und behaupten sich gegen alle späterer:, wie weit diese sie auch an 
sich übertreffen mögen. So war es denn auch für mich ein unvergeßlicher 
und bis auf diesen Tag fortwirkender Augenblick, als meine Mutter mich 
den Abendspaziergang, den sie sich irr der schönen Sommerzeit an Sonn- 
rmd Feiertagen wohl görrnte, zum ersten Male teilen ließ. Mein Gott, wie 
groß war dieses Wesselburen: fünfjährige Beine wurderr fast müde, bevor 
sie ganz herum kamen! Und was traf man alles unterwegs! Schon die 
Namen der Straßen und Plätze, wie rätselhaft und aberrteuerlich klarrgen 
sie! „Nun sind wir auf dem Lollfuß! Das ist Blankenau, hier geht's 
zum Klingberg hinüber! Dort steht das Eichennest!" Je weniger sich
	        
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