Full text: Handbuch der deutschen Literatur (Teil 8 der Ausgabe A, Teil 5 d. Ausgabe B, [Schülerband])

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Die zweite Blütezeit der deutschen Dichtung. 
ich in einer Sache eine Stärke zeigen möchte, in der, wie ich glaubte, sich 
noch kein Deutscher allzusehr hervorgetan hatte. Aber plötzlich ward ich in 
meinen Bemühungen durch Dero Befehl, nach Hause zu kommen, gestört. Was 
daselbst vorgegangen, können Sie selbst noch allzuwohl wissen, als daß ich 
Ihnen durch eine unnütze Wiederholung verdrießlich falle. Man legte mir 
sonderlich die Bekanntschaft mit gewissen Leuten, in die ich zufälligerweise 
gekommen war, zur Last. Doch hatte ich es dabei Dero Gütigkeit zu danken, 
daß mir andere Verdrießlichkeiten, an denen einige Schulden Ursache waren, 
nicht so heftig vorgerückt wurden. Ich blieb ein ganzes Vierteljahr in Kamenz, 
wo ich weder müßig noch fleißig war. Gleich von Anfang hätte ich meiner 
Unentschließigkeit, welches Studium ich wohl erwählen wollte, erwähnen sollen. 
Man hatte derselben nun über Jahr und Tag nachgesehen. Und Sie werden 
sich zu erinnern belieben, gegen was ich mich auf Ihr dringendes Anhalten 
erklärte. Ich wollte Medicinam studieren. Wie übel Sie aber damit zufrieden 
waren, will ich nicht wiederholen. Bloß Ihnen zu gefallen zu leben, erklärte 
ich mich noch überdies, daß ich mich nicht wenig auf Schulsachen legen wollte, 
und daß es mir gleich sein würde, ob ich einmal durch dieses oder jenes 
fortkäme. In diesem Vorsatze reiste ich wieder nach Leipzig. Meine Schulden 
waren bezahlt, und ich hätte nichts weniger vermutet, als wieder darein zu 
verfallen. Doch meine weitläuftige Bekanntschaft und die Lebensart, die 
meine Bekannte an mir gewohnt waren, ließen mich an eben dieser Klippe 
nochmals scheitern. Ich sah allzudeutlich, wenn ich in Leipzig bleibe, so werde 
ich nimmermehr mit dem, was mir bestimmt ist, auskommen können. Der 
Verdruß, den ich hatte, Ihnen neue Ungelegenheit zu verursachen, brachte 
mich auf den Entschluß, von Leipzig wegzugehen. Ich erwählte Berlin gleich 
anfangs zu meiner Zuflucht. Es mußte sich wunderlich schicken, daß mich 
gleich zu der Zeit Herr Lessing*) aus Wittenberg besuchte. Ich reisete mit ihm 
nach kurzer Zeit dahin ab, einige Tage mich daselbst aufzuhalten und umzu¬ 
sehen und alsdann noch zur Sonnenfinsternis in Berlin zu sein. Aber ich 
ward krank. Ich bin mir niemals selbst zu einer unerträglichem Last gewesen 
als damals. Doch ich hielt es einigermaßen für eine göttliche Schickung; 
wenn es nicht was Unanständiges ist, daß man auch in solchen kleinen und 
geringen Sachen sich auf sie berufen will. Nach meiner Genesung beschloß 
ich mit des Hrn. Vaters Einwilligung, in Wittenberg den Winter über zu 
verbleiben, und hoffte gewiß, dasjenige wieder zu ersparen, was ich in Leipzig 
zugesetzt hatte. Doch ich wurde bald gewahr, daß das, was in meiner 
Krankheit und durch andere Umstände, die ich aber jetzo verschweigen will, 
aufgegangen war, mehr als ein Quartal Stipendia ausmachte. Der alte 
Vorsatz wachte also bei mir wieder auf, nach Berlin zu gehen. Ich kam und 
bin noch da, in was für Umständen, wissen Sie selbst am besten. Ich hätte 
längst unterkommen können, wenn ich mir, was die Kleidung anbelangt, ein 
besseres Ansehen hätte machen können. Es ist dieses in einer Stadt gar zu 
nötig, wo man meistens den Augen in Beurteilung eines Menschen trauet. 
Nun beinahe vor einem Jahre hatten Sie mir eine neue Kleidung zu ver¬ 
sprechen die Gütigkeit gehabt. Sie mögen daraus schließen, ob meine letztere 
Bitte allzu unbesonnen gewesen ist. Sie schlagen es mir ab unter dem Vor¬ 
wände, als ob ich, ich weiß nicht wem zu gefallen, hier in Berlin wäre. 
Ich will nicht zweifeln, daß meine Stipendia wenigstens noch bis Ostern 
Lessings Vetter Theophilus Gottlob.
	        
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