Full text: Deutsches Ringen (Band 7, [Schülerband])

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Als die Provinz Preußen im Siebenjährigen Kriege gezwungen 
wurde, der Kaiserin Elisabeth zu huldigen, und mehrere Jahre dem 
russischen Reich einverleibt blieb, da wagten die Beamten der Land¬ 
schaft dennoch, unter der fremden Armee und Regierung insgeheim 
für ihren König Geld und Getreide zu erheben, große Kunst wurde 
angewendet, die Transporte dnrchzubringen. Viele waren im Ge¬ 
heimnis, nicht ein Verräter darunter, verkleidet stahlen sie sich mit 
Lebensgefahr durch die russischen Heere. 
Wohl war es ein ernstes, oft rauhes Leben in des Königs Dienst, 
unaufhörlich das Schaffen und Entbehren; auch dem Besten war es 
schwer, dem strengen Herrn genug zu tun, auch der größten Hin¬ 
gebung wurde ein kurzer Dank; war eine Kraft abgenutzt, wurde sie 
vielleicht kalt beiseite geworfen; ohne Ende war die Arbeit, überall 
Neues, Angefangenes, Gerüste am unfertigen Baue. Wer in das 
Land kam, dem erschien das Leben gar nicht anmutig, es war so 
herb, einförmig, rauh, wenig Schönheit und sorglose Heiterkeit zu 
finden. Und wie der frauenlose Haushalt des Königs, die schweig¬ 
samen Diener, die unterwürfigen Vertrauten unter den Bäumen eines 
stillen Gartens dem fremden Gast den Eindruck eines Klosters machten, 
so fand er in dem ganzen preußischen Wesen etwas von der Entsagung 
und dem Gehorsam einer großen emsigen Ordensbrüderschaft. 
Denn auch auf das Volk selbst war etwas von diesem Geiste 
übergegangen. Wir aber verehren darin ein unsterbliches Verdienst 
Friedrichs II.; noch jetzt ist dieser Geist der Selbstverleugnung das 
Geheimnis der Größe des preußischen Staats, die letzte und beste 
Bürgschaft für seine Dauer. Die kunstvolle Maschine, welche der große 
König mit so viel Geist und Tatkraft eingerichtet hatte, sollte nicht 
ewig bestehen; schon zwanzig Jahre nach seinem Tode zerbrach sie; 
aber daß der Staat nicht zugleich mit ihr unterging, daß Intelligenz 
und Patriotismus der Bürger selbst imstande waren, unter seinen 
Nachfolgern auf neuen Grundlagen ein neues Leben zu schaffen, das 
ist das Geheimnis von Friedrichs Größe. 
Neun Jahre nach dem Schluß des letzten Krieges, der um die Be¬ 
hauptung Schlesiens geführt wurde, vergrößerte Friedrich seinen Staat 
durch einen neuen Erwerb, an Meilenzahl nicht viel geringer, leer an 
Menschen, durch diepolnischenLandesteile, welche seitdem in ihrer Haupt¬ 
masse. unter dem Namen Westpreußen deutsches Land geworden sind.
	        
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