drücken und fühlen, warum ich noch lebe, wenn mir mein ganzer
Verlust einfällt. — Wenn wir an sein Leben denken, liebe Luise,
wenn wir denken, wie hundertmal tätiger und wirkender er lebte und
in der Nachwelt leben wird als eine ganze Generation von Menschen,
so sollten wir nicht klagen über seine Tätigkeit des Geistes. — Er
war nicht wie andere Menschen, die sich mühsam anstrengen, um
etwas hervorzubringen; wenn er etwas hervorbrachte, so ward es ihm
leicht, und er war am glücklichsten in diesem Moment. Ich suchte
nur die ängstlichen Vorstellungen gern von ihm zu entfernen und
alle Rücksichten, daß sein Geist nicht sollte gehemmt iverden. Ich
fühlte aber immer, daß ich diesem Geiste keine Fesseln anlegen könne,
und suchte lieber ihm das wirkliche Leben nicht drückend zu machen
durch Störung seiner Wirksamkeit. Ich hätte jedes Schicksal mit ihm
geteilt und hätte alle Aufopferungen ihm gebracht, das kann ich mir
sagen. Andere, die seinem Geiste nicht so nahe lebten, hielten das,
was der Erguß seines Wesens war, für künstliche, gefährliche An¬
spannung. Er hat lange nur noch durch seinen Geist gelebt; so zeigte
es sich leider, wie alle sagen. — Welchen Anteil, welche Liebe er
hatte, werden Dir die öffentlichen Nachrichten sagen; ich lese nicht
darüber; denn ich allein habe mehr als die Welt verloren. —
Aber als meiner lieben Schicester muß ich Dir etwas sagen,
was Dich freuen wird, ivas uns noch als Beweis der Verdienste
unseres Geliebten aufrichtet: daß die Großfürstin, die hiesige Erb¬
prinzeß, mir gleich in den ersten Tagen die Versicherung gab, daß
Karl und Ernst ihr gehörten; sie sorgt für ihre Erziehung bis in
ihr zwanzigstes Jahr und behält sich noch vor, sie auch anzustellen.
Sie hat es auf eine so edle, feine Weise mir geschrieben, daß ich
auch mit Feinheit diese Tat behandeln muß. Also sage ich es nicht,
und Du und Dein lieber Mann werdet als meine Freunde auch
keinen unvorsichtigen Gebrauch davon machen, Ihr werdet es fühlen.
Sie hat mir gleich geschrieben, ehe sie noch dieses für die Söhne ent¬
schied, daß ich mich bei allem, was mir begegnen könnte, an sie
zuerst wenden solle, weil sie Schiller geschätzt hätte und herzlichen
Anteil an mir nehme. — Ach, hätte dieses unser Geliebter noch
wissen können! —
Jetzt nimmt er auf diese menschliche Weise nicht mehr teil an
den Ereignissen; wenn ich aber nun manches möglich machen kann,