Full text: Deutsches Ringen (Band 7, [Schülerband])

werden die Vereinigten Staaten von Nordamerika beherrschen. 
Was die anderen Staaten Europas in diesen Weltgegenden an Be¬ 
sitzungen haben, sind demnach bloße Enklaven in fremden Herr¬ 
schaftsgebieten. 
Aber wie wir sehen, spielt die Eroberung durch Waffengewalt 
eine sehr untergeordnete Rolle im britischen Weltreich. Seine 
eigentliche geschichtliche Bedeutung liegt im Umsichgreifen der 
angelsächsischen Kultur über unsern Planeten. Der britischen 
Flagge folgt die englische Selbstverwaltung mit ihrer bürgerlichen 
Freiheit und dem Rechte der Persönlichkeit. Das ist überall das¬ 
selbe Bild, ob man es betrachtet im fernen Westen der „Staaten“ 
oder am Ontariosee in Kanada, an den Ufern des Murray oder auf 
den Hochplateaus von Mashonaland; diese Rasse hält zähe überall 
ihre nationale Eigenart fest. Und mit dem britischen Ansiedler 
ziehen allerorten auch die Merkmale des typisch-englischen Volks¬ 
lebens ein. In alle Länder schleppt er seinen Teetopf und seine 
Marmeladen, seine Fußball- und Kricketbälle und seine Lawn-Tennis- 
Netze. Wo der britische Kolonist sich festsetzt, erhebt sich als¬ 
bald auch die Bar und entsteht der Klub, werden Pferderennen und 
andere Matches veranstaltet. Ob man bei Turnham Green oder bei 
Umtali, bei San Francisco oder bei Melbourne spazieren geht, die 
Bilder des englischen Volkslebens wiederholen sich in einer fast 
abgeschmackten Gleichartigkeit. Somit ist dieses Weltreich, wie 
international es auch in seiner Zusammensetzung und vor allem 
seinen Ausgangspunkten nach ist, dennoch bis auf die Knochen 
national-englisch; vor allem ist es überall ein bürgerliches Gemein¬ 
wesen. 
Somit ist denn die britische Weltpolitik in erster Linie wirt¬ 
schaftliche Kulturarbeit. In ihr liegt die Größe dieser Art vor¬ 
nehmlich begründet. Wer die Briten nur in Europa kennen lernt 
und sie vom europäischen Gesichtspunkt aus mit andern Völkern 
vergleicht, wird ihnen demnach nicht gerecht. Durch die Wälder 
Britisch-Columbiens und die Golddistrikte Südafrikas muß man 
wandern, die Ufer des Ganges und die Wasserfälle des Nils muß 
man besuchen, um zu verstehen, was Großbritannien für die Mensch¬ 
heit geleistet hat. Mit Recht bemühen wir uns, den Geist des 
Römertums vornehmlich aus den Trümmern seiner großartigen 
Arbeitsleistungen zu erfassen, wie sie z. B. aus dem Forum Roma- 
num, dem Limes Romanus und der Via Appia über die Jahrtausende 
hinüber zu uns sprechen. Aber wie sehr verschwindet doch alles,
	        
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