ñls Phantasiebild noch stand eine Zeitlang der Rundturm vor uns
auf dem Wasser, bis plötzlich die unstete Phantasie weiter in ihre
Erinnerungen zurückgriff und ältere Bilder vor das Bild dieses Sees
und dieser Stunde schob. Leisen Tones klang es herüber. Es waren
Bilder aus der Heimat, ein unvergessener Tag.
Auch eine Wasserfläche war es; aber nicht Weidengestrüpp faßte
das Ufer ein, sondern ein Park und ein Laubholzwald nahmen den
See in ihren Arm. Im Flachboot stießen wir ab, und so oft wir
das Schilf am Ufer streiften, klang es, wie wenn eine Hand über
knisternde Seide fährt.v Zwei Schwestern saßen mir gegenüber. Die
ältere streckte ihre Hand in das kühle, klare Wasser des Sees, und
außer dem dumpfen Schlag des Ruders vernahm ich nichts als jenes
leise Geräusch, womit die Wellchen zwischen den Fingern der weißen
Hand hindurchplätscherten. Nun glitt das Boot durch Teichrosen hin,
deren lange Stengel wir — so klar war das Wasser — aus dem
Grunde des Sees aufsteigen sahen; dann lenkten wir das Boot bis
an den Schilfgürtel und unter die weitüberhängenden Zweige des
Parkes zurück. Endlich legten wir an, wo die Wassertreppe ans Ufer
führt, und ein Schloß stieg auf mit Flügeln und Türmen, mit Hof
und Treppe und mit einem Säulengange, der Balustraden und
Marmorbilder trug. Dieser Hof und dieser Säulengang — die Zeugen
wie vieler Lust, wie vielen Glanzes waren sie gewesen! Hier über
diesen Hof hin hatte die Geige Grauns geklungen, wenn sie das
Flötenspiel des prinzlichen Freundes begleitete; hier waren Le Gaillard
und Le Constant, die ersten Ritter des Bayard-Ordens, auf- und
abgeschritten; hier waren im bunten Spiel, in heitrer Ironie fingierte
Ambassaden aus aller Herren Ländern erschienen, und von hier aus
endlich waren die heiter Spielenden hinausgezogen und hatten sich
bewährt im Ernst des Kampfes und auf den Höhen des Lebens.
Hinter dem Säulengange glitzerten die gelben Schloßwände in aller
Helle des Tages; kein romantischer Farbenton mischte sich ein, aber
Schloß und Turm, wohin das Auge fiel, alles trug den breiten histo¬
rischen Stempel, — die Fundamente der Romantik lagen da. Von
der anderen Seite des Sees her grüßte der Obelisk, der die Geschichte
des Siebenjährigen Krieges im Lapidarstil trägt.
So war das Bild des Rheinsberger Schlosses, das wie eine
Fata Morgana über den Levensee hinzog, und ehe noch unser Boot