Metadata: [Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband]] (Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband])

im Nachteil seien. Eben das fühlte Papst Julius HI.: Karl räche sich 
wohl, doch müsse er erst einige Stöße fühlen, ehe er sich erhebe. Auch 
fehlte es dem Kaiser oft an Geld; die verwickelte Politik gebot ihm tausend 
Rücksichten. Indes er nun harren mußte, behielt er seine Feinde unaus¬ 
gesetzt im Auge. Er beobachtete so genau, daß die Gesandten erstaunt 
waren, wie gut er ihre Regierungen kannte, wie zutreffend er zum voraus 
beurteilte, was sie tun würden. Endlich kam die Gelegenheit, die günstige 
oder die dringende Stunde doch. Dann war er auf, dann führte er aus, 
was er vielleicht seit zwanzig Jahren im Sinne gehabt. Das ist die 
Politik, die seinen Feinden verabscheuungswürdig und Hinterlist, seinen 
Freunden ein Muster von Klugheit schien. Sie ist wenigstens kaum will¬ 
kürlich. So ruhen, sich unterrichten, harren, erst spät sich erheben und 
schlagen, eben das ist die Natur dieses Fürsten. 
In wieviel anderen Dingen war es mit ihm nicht anders bestellt! 
Er bestrafte zwar, doch ließ er sich zuvor viel gefallen. Er belohnte wohl, 
aber freilich nicht sogleich. Mancher mußte jahrelang unbezahlt ausharren, 
dann aber bedachte er ihn mit einem jener Lehen, mit einer jener Pfründen, 
deren er so viele hatte, daß er reich machen konnte, wen er wollte, und 
ohne selbst etwas auszugeben. Hierdurch brachte er andere dahin, in 
seinem Dienst alle Mühseligkeiten der Welt zu erdulden. Wenn man ihm 
die Waffen anzog, so bemerkte man, daß er über und über zitterte. Erst 
wenn er gerüstet war, dann ward er mutig, so mutig, daß man glaubte, 
er trotze darauf, daß noch nie ein Kaiser erschossen worden. 
Ein solcher Mensch voll Ruhe und Mäßigung, leutselig genug, um 
sich verschiedenen zu bequemen, scharf genug, um viele zugleich in Unter¬ 
werfung zu halten, scheint wohl geeignet, mehreren Nationen zusammen 
vorzustehen. Man lobt Karl, daß er durch Herablassung die Niederländer,. 
durch Klugheit die Italiener, durch Würde die Spanier an sich gezogen 
habe. Was besaß er aber, um den Deutschen zu gefallen? Seine Natur 
war nicht fähig, sich zu jener treuherzigen Offenheit zu entwickeln, die 
unsere Nation an ausgezeichneten und hochgestellten Menschen Zu allererst 
anerkennt, liebt und verehrt. Obwohl er die Manier, wie die alten Kaiser 
sich mit Fürsten und Herren gehalten, gern nachahmte, obwohl er sich 
bemühte, deutsche Sitten anzunehmen und sogar den Bart in Deutschland 
nach deutscher Weise trug, so erschien er den Deutschen doch immer als 
ein Fremder. Ein Vorspänner bei dem Geschütz, den er heftig antreibt, 
läßt ihn die Peitsche fühlen; vor Algier legt ein Landsknecht sogar auf ihn 
an, beide, weil sie ihn für einen Spanier halten. Während die Italiener 
seine Einfachheit priesen, wenn er unter einem glänzenden und reichgekleideten 
Gefolge selber in einem unscheinbaren Mantel in ihre Städte einritt, 
fanden die Deutschen auch an solchen Dingen etwas auszusetzen. Als er 
vor Naumburg von einem Regen überrascht war, ließ er sich sein altes 
Barett aus der Stadt holen und nahm das neue, das er trug, indes unter 
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