Full text: [Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband]] (Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband])

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10. Das klang so freudig, stark und 
mild 
Und war so lieblich gesetzet, 
Nie hatte den Schenk Herrn Eberhard 
Ein Singen mehr ergehet. 
11. Das klang so tröstlich, fest und 
fromm, 
Voll seliglichem Vertrauen, 
Nie tät den Schenk Herrn Eberhard 
Ein Singen mehr erbauen. 
12. Und als verklungen der letzte Ton, 
Der Schenk sprach „Amen!" leise. 
Da hub der drin zu beten an, 
Erbaulich gleicherweise. 
13. Das klang, wie wenn ein trotzig 
Herz 
Der List des Erbfeinds spotte; 
Das klang, wie wenn ein zagend Herz 
Sich flüchte zu seinem Gotte. 
14. Das klang so treu und glau¬ 
bensstark, 
Um Tote zu beschwören; 
Nie hatte der Schenk Herr Eberhard 
So kräftig beten hören. 
15. Und als der Beter „Amen!" 
sprach, 
Da widerhallt's mit Machten. 
Herr Eberhard stieß auf die Tür, 
Seinen Nachbar zu betrachten. 
16. Der trug ein schlichtes Reiter¬ 
wams 
Ohn' sonderliches Zeichen. 
Er mochte mit seinem tapfern Blick 
Einem fahrenden Junker gleichen. 
17. Doch wie ihn lud Herr Eberhard, 
Zwiesprach' mit ihm zu halten, 
Wohl spürt' er in dem schlichten Mann 
Eines höheren Geistes Walten. 
18. Sie sprachen von Gott und 
Gotteswort, 
Von Menschenwerk und Sünden; 
Wie wußte das fahrende Junkerlein 
Den Geist der Schrift zu künden! 
19. Sie sprachen so freudig die ganze 
Nacht, 
Die Knechte schliefen indessen. 
Herr Eberhard hat sein großes Werk 
Und selbst das Trinken vergessen. 
20. Doch als am Morgen kräht 
der Hahn, 
Er mußte sich wohl besinnen; 
Er sprach: „Wie habt Ihr mich erlabt! 
Nun treibt es mich von hinnen. 
21. Dem Doktor Luther, dem Anti- 
Will ich den Weg verlegen; Schrift, 
Doch da Ihr seid ein heiliger Mann, 
Gebt mir zum Werk den Segen!" — 
22. „So Ihr nicht mehr zu schaffen 
Das könnt Ihr näher finden; shabt, 
Auf den Ihr fahndet, er steht vor Euch, 
Ihr mögt ihn greifen und binden!" 
23. Da stürzten dem Schenk Herrn 
Eberhard 
Die Tränen über die Wangen: 
„Euch wollt' ich sahen — barm- 
herz'ger Gott! 
Nun habt Ihr mich gefangen! 
24. Nun nehmt mich vollends in 
Eure Haft 
Auf immer mit Seel' und Leibe, 
Und folgt mir auf mein festes Schloß 
Zu meinem treuen Weibe! 
25. Hilf Himmel, was wird der 
Erzbischof, 
Mein hoher Gönner, sagen, 
Hört er die sächsische Nachtigall 
Im Odenwalde schlagen!"
	        
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