Metadata: Von der germanischen Urzeit bis zum Ausgange der Regierung Friedrichs des Großen (Teil 1)

230 Die Zeit des Absolutismus. 
Köpfen. Kutscher und Vorreiter in der damaligen königlichen Livree, 
blau, Kragen, Aufschläge, Taschen und alle Nähte mit einem roten 
Tuchstreifen besetzt, dieser aber wieder mit zwei schmalen goldenen 
Tressen eingefaßt, was sehr gut aussah. In den vier Nebentritten der 
Kutsche standen vier Pagen, rot mit Gold, seidenen Strümpfen und 
Federhüten, — hinten der Bedientensitz leer ,— und hinter diesem, 
unten, wo man zu dem Bediententritt aufsteigt, stand ein Stallknecht. 
— So bewegte sich der Zug langsam heran und fuhr in das Portal ein. 
Wir sahen von der Treppe hinunter. Der Prinz Heinrich stand an der 
Wagentür, die Pagen öffneten sie, der König stieg aus, begrüßte den 
Bruder, nahm ihn bei der Hand, stieg die Treppe hinauf, und so gingen 
sie nahe bei uns vorbei, in die Zimmer hinein, wo jetzt die Studenten 
umherstampfen. 
Das dritte Mal sah ich ihn in demselben Jahre von der Revue 
(21. Mai) zurückkommen. Mein Hofmeister war deshalb mit mir nach 
dem Halleschen Tor gegangen, weil man schon wußte, daß er an dem 
Tage allemal seine Schwester, die Prinzessin Amalie, besuchte. Er kam 
geritten auf einem großen weißen Pferde, ohne Zweifel der alte Conde, 
der nachher noch 20 Jahre lang das Gnadenbrot auf der Tierarzneischule 
bekam; denn er hat seit dem bayrischen Erbfolgekrieg beinahe kein anderes 
Pferd mehr geritten. Sein Anzug war derselbe wie früher auf der Reise, 
nur daß der Hut ein wenig besser war, ordentlich aufgeschlagen und mit 
der Spitze nach vorn, echt militärisch aufgefetzt war. Hinter ihm waren 
eine Menge Generäle, dann die Adjutanten, endlich die Reitknechte. 
Das ganze Rundteil (jetzt Belle-Alliance-Platz) und die Wilhelmstraße 
waren gedrückt voll Menschen, alle Fenster voll, alle Häupter entblößt, 
überall das tiefste Schweigen und auf allen Gesichtern ein Ausdruck 
von Ehrfurcht und Vertrauen, wie zu dem gerechten Lenker aller Schick¬ 
sale. Der König ritt ganz allein vorn und grüßte, indem er fortwährend 
den Hut abnahm. Er beobachtete dabei eine sehr merkwürdige Stufen¬ 
folge, je nachdem die ans den Fenstern sich verneigenden Zuschauer es 
zu verdienen schienen. Bald lüftete er den Hut nur ein wenig, bald 
nahm er ihn vom Haupte und hielt ihn eine Zeitlang neben diesem, bald 
senkte er ihn bis zur Höhe des Ellenbogens herab. Aber diese Bewegung 
dauerte fortwährend, und so wie er sich bedeckt hatte, sah er schon wieder 
andre Leute und nahm den Hut wieder ab. Er hat ihn vom Halleschen 
Tor bis zur Kochstraße gewiß zweihundertmal abgenommen. 
Durch dieses ehrfurchtsvolle Schweigen tönte nur der Hufschlag 
der Pferde und das Geschrei der Berlinischen Gassenjungen, die vor ihm 
hertanzten, jauchzten, die Hüte in die Luft warfen oder neben ihm her¬ 
sprangen und ihm den Staub von den Stiefeln abwischten. Ich und mein 
Hofmeister hatten so viel Platz gewonnen, daß wir mit den Gassenjungen, 
den Hut in der Hand, neben ihm herlaufen konnten. Bei dem Paläste 
der Prinzessin Amalie in der Wilhelmstraße angekommen, war die Menge
	        
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