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2.
Wer es erduldet, kann sich nicht beklagen.
Und wer es trägt, der hat nicht viel zu tragen.
Wer es verlernt, der heißt ein kluger Kopf,
Und wer es lernt, der bleibt ein dummer Tropf.
Wer es vertragen kann, der ist ein Wicht,
Und wer es weiß, der sagt es sicher nicht.
Wer es verrät, den nennt man wohl verschwiegen.
Wer es durch Kampf erstrebt, der wird gewiß nicht siegen.
3.
Ein Fluß in unserm Vaterland
Wird wie ein Bindewort benannt.
Die erste Silbe wirst du wohl sofort
In der Vokale Reihe finden;
Die andre dient für sich als Wort,
Um eines Worts Geschlecht zu künden.
Heinrich Viehoff.
113. Drei Fabeln.
1. Der Hamster und die Ameisen.
„Ihr armseligen Ameisen, sagte ein Hamster, verlohnt es
sich der Mühe, daß ihr den ganzen Sommer arbeitet, um ein so
weniges einzusammeln? Wenn ihr meinen Vorrat sehen solltet!:‘
„Höre, antwortete eine Ameise, wenn er größer ist, als
du ihn brauchst, so ist es schon recht, daß die Menschen dir
nachgraben, deine Scheuern ausleeren und dich deinen räu¬
berischen Geiz mit dem Leben büßen lassen.“
Lessing.
II. Die Gans.
Die Federn einer Gans beschämten den neugebornen Schnee.
Stolz auf dieses blendende Geschenk der Natur glaubte sie
eher zu einem Schwane als zu dem, was sie war, geboren zu
sein. Sie sonderte sich von ihresgleichen ab und schwamm
einsam und majestätisch auf dem Teiche herum. Bald dehnte
sie ihren Hals, dessen verräterischer Kürze sie mit aller Macht
abhelfen wollte. Bald suchte sie ihm die prächtige Biegung
zu geben, in welcher der Schwan das würdigste Ansehen eines
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