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120 hin; aber die Stadtrösser sind gescheit, die treten kein Bauernbüble
nieder; wärest du nur erst zwischen den Stadtleuten glücklich durch!
15. Endlich gingen die Häuser etwas auseinander, um einem
noch größeren — schon dem größten Gedränge Platz zu machen.
Und da standen ganze Reihen von Fuhrwerken, die warteten gewiß,
125 bis einer aufsaß. Und die Wagen glänzten wie am Fronleichnams¬
tag die gewichsten Stiefel des Schulmeisters in Krieglach; und
jeder Wagen hatte voran zwei Laternenlichter, als ob die Rösser
ihre Augen hinten hätten.
16. Uber all dem tausendfältigen Gewühle ragte eine ungeheure,
130 finstere Masse auf. Das war kein Haus, dazu war es zu riesig und
schwarz, kein Berg, dazu war es zu stramm — es ging unabsehbar
und einsam hinauf in die Nacht.
„Jetzt muß ich schon fragen, was ist denn das?" redete ich
einen an.
135 Zweimal fragte ich, bis er mir Antwort gab.
Weit tat ich die Augen auf und wahrscheinlich auch den Mund.
Diese schwarze Wucht war der Stephansdom — die Stephanskirche!
Es war unerhört. Ich suchte beu Eingang und fand ihn. Da
drinnen war es kühl und dunkel und fast still. Dort und da ging
140 ein Menschlein herum zwischen den schwarzen Pfeilern; dort und
da glimmte eine Ampel vor einem Bildnis. Ich hatte gar keinen
Maßstab für die Schönheit und Größe dieses Baues, mir war er
nur fremd und unheimlich. Trotzdem fühlte ich, daß es eine Kirche
war und als solche ein heiliger Ort. Müde und erschöpft setzte ich
145 mich in eine Bank und ruhte und träumte. Ich dachte an das
ferne, liebe Daheim zwischen den Wäldern, und wie ich nun versetzt
war mitten in das ungeheure Wirbeln und Wogen der großen
Stadt — ganz allein, ganz fremd. Eine eigene Stimmung
war's. — Wäre nur erst die Nacht vorbei, und ich könnte mich
150 umsehen und doch zum Kaiser kommen! — Einstweilen bat ich
meinen Schutzengel um seinen Beistand, und dann ging ich wieder
hinaus in das Gewühle und in das Schimmern der Lichter.
17. Ich ging durch Gassen und Gassen, durch breite, belebte,
durch entlegene, finstere; ging durch Tore und über Brücken, gleich-
155 viel wohin. Wollte vor allem wissen, wo denn diese Stadt ihr
Ende habe. Überall Häuser und Lichter und Menschen. Menschen,