Full text: [Klasse 2, [Schülerband]] (Klasse 2, [Schülerband])

3. Der schwarte üod. 
es war im Jahre 1348. Da kam von ferne erst verworren, dann 
immer bestimmter das Gerücht von einer furchtbaren Krankheit, die 
alles dahinraffe. Kaufleute, welche ans dem Süden kamen, erzählten 
von den schrecklichen Verwüstungen, welche diese in Oberitalien, Süd¬ 
frankreich, Kärnten und Steiermark angerichtet habe. Die Krankheit war 
die morgenlündische Pest, kenntlich an Drüsengeschwülsten und Brand¬ 
beulen, oft verbunden mit einer heftigen Lungenaffektion. 
Wegen der schwarzen Flecken, die sich auf der Haut zeigten, wurde 
sie der schwarze Tod genannt. Ein verzehrendes Fieber ergriff die 
Kranken, Eiterbeulen erschienen an den Oberschenkeln und Armen, sowie 
an andern Teilen des Körpers, oft kam heftiger Blutauswurf hinzu, und 
in drei Tagen trat der Tod ein. 
Immer weiter griff die Krankheit um sich; schon im Frühjahr 1349 
zeigt sie sich in der Schweiz, im Juli sind Straßburg und Frankfurt 
von ihr ergriffen. Ein lähmender Schrecken erfaßte alle: das war ein 
Feind, dem keine Macht, nicht Wall und Graben Halt gebieten konnte; 
heimlich drang er vor, stahl sich in die Hütten der Armen, in die Paläste 
der Reichen ein, und Opfer auf Opfer fiel unter feinen Streichen. Und 
nun erhob sich ein Sterben in den deutschen Landen, wie es die Welt 
noch nicht gesehen hatte. „Das ist genannt das große Sterben und das 
erste. Und starben an den Drüsen. Und wen das anging, der starb an 
dem dritten Tag. Und in Massen starben die Leute in den großen 
Städten, zu Cvln, Mainz usw. und also meistlich alle Tage mehr denn 
100 Menschen." In Frankfurt starben in den 6 Monaten der Herrschaft 
der Seuche über 2000 Personen; unter diesen war auch der Kaiser 
Günther von Schwarzburg. In Limburg an der Lahn hauste der schwarze 
Tod noch furchtbarer; mehr als 2400 Personen wurden in einem Viertel¬ 
jahr sein Opfer. Ähnlich waren die Verhältnisse in den andern Orten. 
„Nach allen Beschreibungen war die Ansteckungssähigkeit der Krankheit 
eine gewaltige; sobald jemand erkrankte, wurden gewöhnlich auch die 
übrigen Hausbewohner ergriffen, so daß ganze Familien ausstarben und 
die Häuser menschenleer wurden." Allein in seinem Elend, so schreibt 
ein Chronist, lag der Kranke in seiner Behausung. Kein Verwandter 
wagte ihm zu nahen, kein Arzt seine Wohnung zu betreten; selbst der 
Priester reichte ihm nur mit Entsetzen das Sakrament. Mit herzzerreißendem 
Flehen riefen Kinder ihre Eltern, Vater und Mutter ihre Söhne und 
Töchter, ein Gatte die Hilfe des andern an. Vergebens! weder die 
Stimme des Herolds, noch der Schall der Posaune, nicht Glockenklang 
noch Totenamt versammelte Freunde und Verwandte zur Leichenfeier. 
Die Leichname der Edelsten und Vornehmsten wurden von den Geringsten
	        
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